Sturmtief „Egon“wütet auch im Süden
Chaos auf glatten Straßen, umgestürzte Bäume, Stromausfall und abgedeckte Dächer
STUTTGART/NÜRNBERG (dpa) Zerstörte Dächer, umgestürzte Bäume, zerbeulte Autos und Tausende Menschen ohne Strom – das Sturmtief „Egon“hat in der Nacht zum Freitag auch im Norden Baden-Württembergs und Nordbayern viele Schäden angerichtet und für erheblichen Ärger gesorgt. Abgebrochene Antennen und Satellitenschüsseln, umgeknickte Strommasten und Verkehrsschilder zeugten vom Wüten „Egons“. Am Wochenende könnte es ähnlich weitergehen. Der Deutsche Wetterdienst warnte vor Sturmböen und Schneeverwehungen. SEITE 16
BERLIN (dpa) - Das Sturmtief „Egon“hat in vielen Teilen Europas den Verkehr heftig durcheinander gewirbelt. Autos rutschten auf den Straßen, Schulbusse blieben im Schnee stecken, Dächer wurden abgedeckt, und Tausende Menschen hatten keinen Strom. In Deutschland gab es zahlreiche Unfälle mit Dutzenden Verletzten. Ein Autofahrer starb auf der A 7 in Schleswig-Holstein. Ursache für den Unfall war vermutlich Glätte, wie eine Polizeisprecherin am Freitag sagte. Auf der Bundesstraße 465 bei Bad Wurzach kam ein Auto wegen Glätte von der Straße ab und prallte gegen einen Betonpfeiler. Beide Insassen wurden schwer verletzt.
Allein im Stadtgebiet von Stuttgart gab es fast 50 witterungsbedingte Noteinsätze. So deckte der Sturm am Morgen Teile des Flachdachs eines Reihenhauses ab, das dadurch einzubrechen drohte. Im Norden Baden-Württembergs schnitt „Egon“mehrere Tausend Haushalte von der Stromversorgung ab, weil herabfallende Äste oder umgewehte Bäume Leitungen gekappt hatten. Auch im Raum Oberfranken waren zwischenzeitlich rund 6600 Haushalte ohne Strom.
Viele Straßen waren wegen umgestürzter Bäume oder liegen gebliebener Lastwagen gesperrt. Bei Osnabrück rutschte ein mit mehreren Kindern besetzter Schulbus am Morgen in einen Straßengraben. Niemand wurde verletzt. In Thüringen blieben Schulbusse in Schneewehen stecken oder konnten Schüler wegen Unfällen auf Straßen nicht zum Unterricht bringen. „Die Situation ist chaotisch“, sagte ein Sprecher des Kreises Schmalkalden-Meiningen in Thüringen. Auch in Bayern erreichten einige Schulbusse nicht ihr Ziel. Einige niedersächsische Landkreise gaben schulfrei.
Das Sturmtief wehte in mehreren Teilen Deutschlands Bäume auf Bahnstrecken und löste damit Zugausfälle und Verspätungen aus. „Wir können noch nicht komplett Entwarnung geben für die Fahrgäste, weil die Schneefront noch unterwegs ist“, sagte ein Bahnsprecher am Freitagmittag. Verglichen mit dem Flugund Autoverkehr sei die Bahn aber ziemlich stabil unterwegs. Die Höchstgeschwindigkeit der ICE-Züge blieb nach Bahnangaben vorerst auf 200 Kilometer pro Stunde gedrosselt. Sonst sind es 230 bis 300.
Am Frankfurter Flughafen wurden 125 Flüge wegen des starken Sturmes annulliert.
Auch Wintersportler mussten wegen des starken Sturms Einschränkungen hinnehmen. Auf dem Fichtelberg in Sachsen wurden Windspitzen von 146 Kilometern pro Stunde gemessen. Die Schwebebahn und der Vierersessellift blieben geschlossen.
Für das Wochenende erwartete der Deutsche Wetterdienst weiter Schnee und starken Wind in vielen Regionen, vor allem in den Mittelgebirgen und den Alpen. Auch mit Glätte müsse gerechnet werden.
Großbritannien: Die Behörden warnten vor Überschwemmungen an der Ostküste. Mehrere Orte an der britischen Nordsee wurden evakuiert. In Schottland blieben mehrere Schulen und Kindergärten geschlossen, es gab viele Verkehrsunfälle.
Frankreich/Belgien: Am Freitagmittag waren nach Angaben des Netzbetreibers Enedis noch 170 000 Haushalte in Frankreich ohne Strom. Besonders viele Menschen waren in der Normandie und der Picardie betroffen. Auch in Belgien waren Tausende Haushalte stromlos. 180 Fahrgäste eines aus Brüssel kommenden Zuges kamen wegen Stromausfalls zwölf Stunden verspätet in Paris an.
Schweiz: In der Region Basel fielen Züge aus und am Bodensee der Katamaran zwischen Romanshorn und Friedrichshafen. Auf dem 2500 Meter hohen Säntis rund 50 Kilometer westlich von Zürich erreichte der Wind mit 154 km/h Orkanstärke.
Tschechien: Schneeverwehungen und starker Wind führten zu gefährlichen Straßenverhältnissen, es kam zu Stromausfällen. Westlich von Prag kam ein Bus mit 24 Kindern von der Straße ab. Die Feuerwehr musste alle durch ein Fenster herausholen.