SPD will Deutschland sicherer machen
Fraktionsklausuren in Berlin – Parteichef Gabriel rät zu „150 Prozent Sozialdemokratie“
BERLIN - Trotz schlechter Umfragewerte seiner Partei bleibt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann zuversichtlich. „Ich bin zutiefst überzeugt, dass unsere Vorschläge viele Menschen ansprechen und dass wir einen großen Schritt nach vorne machen, wenn wir Ende Januar unseren Kanzlerkandidaten vorstellen“, sagte der SPD-Fraktionschef am Ende der zweitägigen Fraktionsklausur in Berlin.
Der wahrscheinlichste Kanzlerkandidat, SPD-Chef Sigmar Gabriel, hatte schon am Morgen im Reichstag die Abgeordneten zum Auftakt des Wahljahres motiviert. „Wir müssen einen Wahlkampf mit 150 Prozent Sozialdemokratie machen“, hat er seiner Fraktion empfohlen. Die SPD werde vieles gerechter und sicherer machen, dann gebe es auch gute Chancen, Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Derzeit liegt die SPD in Umfragen im Bund bei rund 20 Prozent. Bei der vergangenen Bundestagswahl kam sie auf 25,7 Prozent und hatte dies schon als Tiefschlag empfunden.
Fraktionschef Oppermann setzt auf zwei Themen, um wieder voranzukommen: „Wir werden Deutschland sicherer und gerechter machen.“Mehr Sicherheit verspricht er sich durch die Maßnahmen, die Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gemeinsam vorgelegt haben. „Nur reiche Menschen können sich einen schwachen Staat leisten“, steht im SPD-Papier. Zu mehr Sicherheit sei aber auch mehr Prävention nötig, so Oppermann. Man müsse hart und früh intervenieren, dürfe keine salafistischen Moscheevereine dulden. Gleichzeitig müsse man aber die Zusammenarbeit mit friedlichen Moscheegemeinden deutlich ausbauen und mehr Jugendarbeit in Flüchtlingsunterkünften leisten.
Zu mehr Sicherheit zählt aber auch die Verhütung von Alltagskriminalität. Seine Fraktion sei dafür, den minderschweren Fall von Wohnungseinbrüchen, einst von Schwarz-Gelb eingeführt, abzuschaffen. Ein Strafmaß von mindestens sechs Monaten müsse auch für einfache Wohnungseinbrüche gelten. Die Unionsfraktion fordert eine Mindeststrafe von einem Jahr. Gebührenfreie Kitas Gerechtigkeit gilt als der Markenkern der SPD. Hier legte die Fraktion ein Bündel von Maßnahmen vor.
Da gibt es zunächst einmal Forderungen für die Familie: mehr Familiengeld und die Familienarbeitszeit, eine schrittweise Abschaffung der Kita-Gebühren und einen Familientarif im Steuerrecht.
Hinzu kommt die Forderung, Teilzeitbeschäftigten die Rückkehr zur Vollzeit zu ermöglichen. Kinderrechte sollen ins Grundgesetz aufgenommen werden.
Die Rechte von Mietern sollen weiter gestärkt werden. Die Mietpreisbremse soll durch die Offenlegungspflicht des Vermieters über die Vormiete schärfer werden. Modernisierungsumlagen sollen auf höchstens acht Prozent der Miete (derzeit elf Prozent) begrenzt werden. Eine Härtefallklausel soll jene Mieter vor Mieterhöhungen bewahren, die schon mehr als 40 Prozent ihres Nettoeinkommens für Miete und Heizkosten zahlen. Auch im Steuerrecht fordert die SPD Änderungen. Die Abgeltungssteuer soll abgeschafft werden, so dass auch auf Zinsen höhere Steuern bezahlt werden. Einkünfte aus Arbeit und Kapital müssten steuerlich gleichgestellt werden.
Nachdem jetzt der Haushaltsüberschuss des Bundes von 6,2 Milliarden Euro bekannt wurde, setzt die SPD auf mehr Investitionen. „Eine kaputte Infrastruktur sind die Schulden von morgen“, so Oppermann. Beim Thema Haushaltsüberschuss greift er den Koalitionspartner deutlich an. „In der Union herrscht Durcheinander.“Schäuble wolle Schulden tilgen, die CDU wolle Steuersenkungen oder mehr Investitionen. Das zeige, dass es nicht nur Gräben zwischen CDU und CSU gebe, sondern auch in der CDU.
In der SPD scheint dagegen mehr Frieden angesagt. Die Jusos lobten Fall Gabriels Forderung, Haushaltsüberschüsse in marode Schulen statt in Schuldentilgung zu stecken – und Gabriel twitterte prompt: „Historischer Moment. Die Jusos stimmen mir zu.“