Investitionen oder Schuldenabbau?
Steuerpolitik wird zum Top-Thema im kommenden Bundestagswahlkampf – Merkel unterstützt Schäuble
BERLIN - Nun schaltet sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in den Streit über die Verwendung der sechs Milliarden Euro Überschuss im Bundesetat ein. „Vernünftig“sei der Vorschlag von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), das Geld zur Schuldentilgung einzusetzen, lässt die Kanzlerin über Regierungssprecher Steffen Seibert ausrichten.
Doch aus der CSU kommt weiter der Ruf nach vorgezogenen Steuersenkungen. Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel hält nichts davon, ausschließlich Schulden zurückzuzahlen. „Wir sind eindeutig dafür: Vorrang für Investitionen“, bekräftigte der SPD-Chef am Freitag. Die Steuerpolitik wird zum Top-Thema im heraufziehenden Bundestagswahlkampf. Alle im Bundestag vertretenen Parteien – auch die Linke in ihrem Wahlprogramm – sprechen sich dafür aus, die Steuern für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen zu senken. Doch jetzt erhöht die Wirtschaft den Druck, sie will nach Möglichkeit noch in diesem Jahr einen größeren Entlastungsschritt sehen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht die Bundesregierung jedenfalls unter Zugzwang. „Die Überschüsse in den öffentlichen Haushalten machen inzwischen eine Entlastung der Steuerzahler geradezu überfällig. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Bund von rund 10,5 Milliarden Euro Überschuss (nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes, Anm. d. Red.) 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen einplant, bleibt immer noch ein Volumen von rund sieben Milliarden Euro“, sagte DIHKPräsident Eric Schweitzer der „Schwäbischen Zeitung“. „Ein Entlastungssignal für Bürger und Unternehmen ist daher dringend geboten.“
Schäuble verfolgt eine andere Linie: keine Steuersenkungen zum jetzigen Zeitpunkt, dafür aber in einem Umfang von zwölf bis 15 Milliarden Euro nach der Bundestagswahl. „Aus dem Überschuss, der sich am Ende eines Jahres ergibt, können Sie nicht dauerhafte Steuersenkungen finanzieren. Das ist nicht seriös“, so der CDU-Politiker. Am Ende könnte ein Kompromiss auf etwas weniger Schuldentilgung, aber mehr Mittel für Breitband-Ausbau, Schulsanierung und Verkehrsinfrastruktur hinauslaufen.
Beim Blick auf die Zeit nach der Bundestagswahl setzt die CDU in der Haushaltspolitik auf einen Dreiklang. Ein Drittel entstehender Spielräume müsse für Infrastruktur und Zukunftsprojekte ausgegeben werden, ein weiteres Drittel für die Entlastung von Familien sowie Gering- und Durchschnittsverdienern. Der Rest soll für Ausgabensteigerung etwa in der Sicherheitspolitik sowie für Schuldentilgung ausgegeben werden. So steht es in der „Saarländischen Erklärung“, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt und am Wochenende bei der CDU-Klausurtagung beschlossen werden soll. Was jedoch im Widerspruch zu Äußerungen Schäubles steht: Er hält auch Steuererhöhungen für möglich – dann nämlich, wenn sie an anderer Stelle von Entlastungen begleitet werden.