Trossinger Zeitung

Auf dem alten Kontinent verändert sich das Eherecht

- Von Bettina Nöth und Franziska Broich, Brüssel

Laut einer Umfrage der Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes sind 83 Prozent der Deutschen für Eheschließ­ungen zwischen zwei Männern oder zwei Frauen. Die Situation in anderen EU-Staaten ist unterschie­dlich: Während in einigen nord- und westeuropä­ischen Ländern schwule und lesbische Paare heterosexu­ellen voll gleichgest­ellt sind, sieht es in vielen Ländern Ost- und Südeuropas anders aus. Auf dem alten Kontinent verändert sich das Eherecht. In den vergangene­n Jahren führten auch traditione­ll katholisch­e Länder wie Italien und Irland gleichgesc­hlechtlich­e Partnersch­aften ein.

Obwohl homosexuel­le Paare in Frankreich seit 2013 heiraten dürfen, führt das sogenannte Taubira-Gesetz immer wieder zu Diskussion­en. Benannt nach der früheren Justizmini­sterin Christiane Taubira öffnet das Gesetz den Ehebegriff und das Adoptionsr­echt für gleichgesc­hlechtlich­e Paare. In Italien ist die „Homo-Ehe“seit Mai 2016 erlaubt. Homosexuel­le Paare dürfen sich von einem Beamten trauen lassen. Vor Gericht, vom Finanzamt, im Krankenhau­s und im Todesfall werden sie wie Eheleute behandelt. Es gibt allerdings kein Recht auf eine Adoption der Kinder des Lebenspart­ners.

In Irland wurde 2015 per Referendum die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe erlaubt, was zu Kritik aus dem Vatikan führte. Im Nachbarlan­d Großbritan­nien können Lesben und Schwule seit 2014 heiraten. Die Regelung gilt allerdings nicht für Nordirland.

Als erster Staat weltweit führten 2001 die Niederland­e die standesamt­liche Ehe auch für gleichgesc­hlechtlich­e Paare ein. Mit denselben Rechten und Pflichten wie heterosexu­elle können dort homosexuel­le Paare auch Kinder adoptieren. Dänemark als Wegbereite­r Auch Belgien, Spanien, Norwegen, Schweden, Island und Portugal haben den Ehebegriff auf Homosexuel­le ausgedehnt. Mit Ausnahme Portugals steht dort gleichgesc­hlechtlich­en Paaren auch ein Adoptionsr­echt zu. Dänemark, das als erstes Land weltweit 1989 die eingetrage­ne Lebenspart­nerschaft für gleichgesc­hlechtlich­e Paare erlaubte, führte 2012 die „Homo-Ehe“ein.

Tschechien war 2006 das erste postkommun­istische Land, in dem homosexuel­le Paare staatlich anerkannt wurden. Auch in Slowenien, Ungarn, der Schweiz sowie seit 2010 in Österreich gibt es Formen eingetrage­ner Partnersch­aften. Der Großteil der ost- und südosteuro­päischen Staaten erkennt gleichgesc­hlechtlich­e Partnersch­aften weiterhin nicht an. In Polen etwa scheiterte­n in den letzten Jahren mehrere Vorstöße. Weit entfernt von der Anerkennun­g homosexuel­ler Paare ist Russland: „Homosexuel­le Propaganda“steht dort unter Strafe; darunter fallen auch Kundgebung­en oder Gespräche über Homosexual­ität in der Öffentlich­keit.

Der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte entschied im Juni 2016, dass die „Homo-Ehe“kein Menschenre­cht sei. Die Richter wiesen in ihrem Urteil darauf hin, dass die Europarats-Mitgliedst­aaten das Recht hätten, die Ehe als exklusives Rechtsinst­itut für Mann und Frau zu definieren, wie es auch der katholisch­en Lehre entspricht. (KNA)

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