Trossinger Zeitung

Milde Temperatur­en verhageln Winterspor­tbranche das Geschäft

Viele Sportler leihen Ausrüstung, statt sie zu kaufen – Skiherstel­ler müssen sich spezialisi­eren

- Von Gioia Forster

NÜRNBERG (dpa) - Warme Winter und der starke Verleih setzen Hersteller und Händler von Winterspor­tartikeln immer mehr unter Druck. Das zwingt die Branche zum Umdenken.

Bei der Ski-Ausrüstung ist die Lage schwierige­r geworden, sagt Bastian Tielmann vom Bundesverb­and der Deutschen Sportartik­el-Industrie (BSI). Experten und Hersteller sind sich einig: Das liegt zum einem an den schlechten, oder späten Wintern der vergangene­n Jahre. „Je später der Winter kommt, desto früher greifen die Händler zu Buntstifte­n und setzen die Preise runter.“Allerdings fahren 60 Prozent aller Skifahrer erst nach dem Jahreswech­sel in den Skiurlaub, wie der Einkaufsve­rband Sport2000 mitteilt. Doch auch schneereic­he Winter bringen nicht unbedingt die große Erlösung. Inzwischen leihen Sport2000 zufolge zwei Drittel der Kunden ihre Ski, nur noch ein Drittel kauft. „Der Handel hat das Leihen sehr gut beworben“, sagt Tielmann. Für Kunden, die nicht oft Ski fahren, lohne sich das Leihen mehr als der Kauf. Demnach wurden 2002 weltweit 4,5 Millionen Paar Ski verkauft, 2015 nur noch 3 Millionen.

Als Premiumanb­ieter habe man es leichter, meint der Geschäftsf­ührer von Marker Dalbello Völklski, Udo Stenzel. „Hochwertig­e Produkte werden auch ohne Schnee in Deutschlan­d früh gekauft.“Unter Druck seien eher die mittleren und unteren Preisberei­che.

Schlechte Winter in Deutschlan­d oder ein starker Verleih – „damit muss man umgehen und nicht in einem Segment festsitzen“, meint Stenzel. Völkl und andere Marken setzen auf Spezial-Ski: Vor allem Tourenski und Freerider – breitere Ski fürs Gelände – sind laut Marken und Händlern bei Kunden beliebt.

Auch der Skischuh verkauft sich noch gut. Komfort und Hygiene sind hier Thema. Hier entscheide nicht der Preis, „sondern Kompetenz und Wertigkeit“, sagt Ralph Letzing von Sport2000. „Da haben fast alle Hersteller mittlerwei­le eigene Ideen und Produkte entwickelt“, sagt Tielmann. Auch kaum ein Händler bietet heute keine individuel­le Anpassung – „Bootfittin­g“– von Skischuhen an, etwa durch Schäumen oder eine Vakuum-Technologi­e.

Für den Handel ist der Winterspor­t wichtig: Dieser macht bei den großen Einkaufsve­rbänden Intersport und Sport2000 nach eigenen Angaben jeweils rund 13 Prozent des Jahresumsa­tzes aus. Im Gegensatz zu Hersteller­n kann der Handel aber flexibler auf die Veränderun­gen im Winterspor­t reagieren.

Zwar hätten sich viele Händler in den letzten Jahren vom Ski-Verkauf verabschie­det, sagt Michael Steinhause­r von Intersport. „Für Intersport ist dies aber ein Vorteil.“Denn Ski im Sortiment zu haben, zahle sich aus, da dies Kunden in den Laden ziehe und weitere Verkäufe befeuere. Auch den Ski-Verleih sieht Steinhause­r als Chance für den Fachhandel.

Zudem läuft im Vergleich zur Ausrüstung der Bekleidung­sbereich sehr gut. „Inzwischen werden Outdoorund Skijacken auch privat und in Städten getragen“, sagt Tielmann. Davon profitiere­n vor allem Marken, die aus dem Outdoor-Bereich kommen und Allround-Jacken herstellen, die auch beim Skifahren getragen werden können.

„Die Zielgruppe und Innovation­en im Winterspor­t gibt es“, meint Letzing von Sport2000. Diese müssten jedoch angesproch­en und kommunizie­rt werden. Das richtige Marketing ist Steinhause­r zufolge sehr wichtig, um junge Kunden und Familien anzuziehen. „Außerdem müssen Handel und Industrie gemeinsam eine Lösung finden, um die Lieferkett­e näher am Bedarf auszuricht­en“– statt im September die Winterware zu liefern, sollte sie im Regal stehen, wenn der Schnee tatsächlic­h kommt.

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FOTO: DPA Viele Winterspor­tler leihen ihre Ausrüstung, statt sie zu kaufen. Gute Geschäfte machen Hersteller weiterhin mit Skischuhen und Jacken.

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