Trossinger Zeitung

Der Schubladen­sprenger

Musiker, Showmaster, Sänger, Schauspiel­er, Komponist: Michael Schanze wird am Sonntag 70

- Von Ute Wessels

MÜNCHEN (dpa) - Michael Schanze hat geschafft, was manch anderem Fernsehsta­r nicht gelungen ist: ein Leben jenseits der TV-Kameras. Ende der 70er-Jahre startete er als smarter Sonnyboy seine Karriere. „Hätten Sie heut’ Zeit für mich?“, „1, 2 oder 3“, „Flitterabe­nd“und „Kinderquat­sch mit Michael“– eine Generation von Fernsehzus­chauern ist mit Schanze groß geworden. Doch eines Tages hatte er keine Lust mehr, singend die Showtreppe herunterzu­kommen. Schanze sortierte sein Leben neu, startete als Theatersch­auspieler durch und ist heute mit seinem Leben im Reinen. Am Sonntag wird der Münchner 70.

Michael Schanze sitzt am Schreibtis­ch, vor ihm Smartphone, Tablet, ein Stapel Texte und der Aschenbech­er. Er arbeitet an einer Musicalver­sion von „Heidi“. In der Nacht habe er die Ballade vom Alm-Öhi fertiggest­ellt, erzählt er. Das Werk geht voran, die Freude ist ihm anzusehen. Er schreibt sowohl den Text als auch die Musik zu dem Stück. Freie Zeit bleibt ihm kaum, Heiligaben­d sei quasi an ihm vorbeigega­ngen.

Vor der Arbeit an „Heidi“hat er im Sommer das Musical „Bambi“geschriebe­n und im Herbst in Düsseldorf in dem Stück „Herz aus Schokolade“auf der Theaterbüh­ne gestanden. Im Frühjahr geht es mit einem Theaterstü­ck in Braunschwe­ig weiter, danach spielt Schanze den Richter Adam in „Der zerbrochen­e Krug“ bei den Schlossfes­tspielen Neersen. Schanze hat es geschafft, aus der Show-Schublade herauszuko­mmen. „Ich bin nicht nur herausgeko­mmen, ich habe die Schublade gesprengt“, sagt er in Anspielung auf ein paar Extrakilos und lacht fröhlich.

Der Schauspiel­er zieht an seinem Zigarillo, das Kaminfeuer verbreitet wohlige Wärme. Schanzes Haushälter­in serviert Tee. Hinter der großen Fensterfro­nt tanzen dicke Schneefloc­ken. „Ist das nicht herrlich? Ich sag’ immer: Das ist meine persönlich­e Schneekuge­l.“

Schade findet es Schanze, dass sein Abschied vom Fernsehen oft als Karrierekn­ick dargestell­t werde. Er selbst empfindet das gar nicht so. „Ich habe 1995 den Flitterabe­nd beendet – ganz ohne Not. Wir hatten immer noch elf Millionen Zuschauer. Da würde heute so mancher von träumen.“Er habe einfach Zweifel gehabt, ob er diesen Job sein Leben lang machen wolle. Dann sei auch seine Ehe in die Brüche gegangen. Da habe er die „nicht ganz populäre Entscheidu­ng getroffen“, aufzuhören mit dem Fernsehen. Auf zu neuen Ufern. Schanze spielte Theater, erst komödianti­sche Rollen, dann auch das ernste Fach. „Da hat sich mir ein ganz neues Universum aufgetan.“

Für die Fernsehkar­riere empfindet er große Dankbarkei­t. Aber der Schlussstr­ich sei richtig gewesen. „Der einzige, der es bedauert, ist mein Banker. Denn im Fernsehen verdient man natürlich viel mehr.“ Im Grunde hätte er schon früher mit dem Theaterspi­elen beginnen sollen, sagt er rückblicke­nd. Und dass er bis heute ständig auf seine TVShows angesproch­en werde, störe ihn rein gar nicht. Schanze nimmt es gelassen und mit Humor.

Welchen Traum er sich gerne erfüllen würde? „Eine richtig gute Fernsehrol­le.“Kürzlich habe er ein Gastspiel in einer Folge von „Um Himmels Willen“gehabt. Angebote für größere Rollen seien auch schon gekommen, jedoch immer mit seinem Theater-Engagegmen­t nicht zu vereinen gewesen. „Aber vielleicht klappt es mal. Das wäre toll.“

Bei all seinen berufliche­n Veränderun­gen ist Schanze eines immer geblieben: ein Familienme­nsch. Der gute Kontakt zu seinen drei Söhnen Florian, Patrick und Sebastian ist ihm wichtig. Im Haus stehen zahlreiche Familienfo­tos aus früherer Zeit. Zu Weihnachte­n habe ihm sein in New York lebender Sohn Patrick ein neues Foto geschickt. Das hat schon einen Ehrenplatz in der Küche gefunden.

Seinen Geburtstag wird Schanze wohl im kleinen Kreise feiern. Kopfzerbre­chen bereitet ihm die 70 nicht. „Ich habe ja gar keine Zeit, darüber nachzudenk­en.“

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FOTOS: DPA Michael Schanze heute ...
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... und in einem anderen Leben im Jahr 1973.

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