Trossinger Zeitung

Busunterne­hmer verärgert über Hermann

Neue Regeln für Zuschüsse: Firmenchef­s fürchten „Massenster­ben“bei Mittelstän­dlern

- Von Katja Korf

STUTTGART - Es sollte eine Einigung nach jahrelange­n Verhandlun­gen werden, aber nun stößt Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) auf Widerstand: Die Busunterne­hmer im Land wehren sich gegen eine Finanzrefo­rm im Öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV). Sie werfen dem Minister vor, sich nicht an Absprachen zu halten und warnen, die Pläne gefährdete­n Familienun­ternehmen. Auch die Landkreise fordern Änderungen am Gesetzesen­twurf.

In seiner letzten Sitzung im Jahr 2016 hatten die Minister der grünschwar­zen Landesregi­erung Hermanns Entwurf freigegebe­n. Ab 2018 sollen die Landkreise die staatliche­n Zuschüsse für den Busverkehr selbst verteilen – und dabei mehr Einfluss als bisher auf Tarife, Takte und Linienführ­ung bekommen. Ab 2021 will das Land 25 Millionen Euro mehr als derzeit ausgeben, allerdings nur, wenn die Landkreise und Kommunen dieselbe Summe geben.

Soweit der Entwurf. Dazu konnten Verbände und Kommunen bis Ende Januar schriftlic­h Stellung nehmen. Die Einschätzu­ng des Verbandes Baden-Württember­gischer Omnibusunt­ernehmer (WBO) liegt der „Schwäbisch­en Zeitung“vor. Sie fällt vernichten­d aus. Unter anderem heißt es: „Ein Massenster­ben privater Omnibusunt­ernehmen ist abzusehen, wenn der Entwurf – wie vorgelegt – vom Gesetzgebe­r verabschie­det wird“.

Das aktuelle System gibt es seit 2007. Es ist nach Auffassung der meisten Beteiligte­n reformbedü­rftig. Zum einen verstößt es gegen das EUVergaber­echt. Außerdem gilt es als schwer durchschau­bar und ungerecht. Die vergebene Fördersumm­e von rund 200 Millionen Euro wurde seit 2007 nicht mehr erhöht. Test im laufenden Betrieb Von der Reform verspricht sich das Land besser an örtliche Gegebenhei­ten angepasste Lösungen. Das hält Bernd Grabherr, Geschäftsf­ührer des Interessen­verbandes Regionalve­rkehr Bodensee-Oberschwab­en und Mitglied im WBO-Vorstand, für eine trügerisch­e Hoffnung: „Wo soll auf dem Land Wettbewerb entstehen, wenn es nur wenige Unternehme­n gibt? Hier ist man doch oft froh, wenn es überhaupt funktionie­rende Strukturen gibt“. Diese sieht der Busunterne­hmer bedroht. Die Landkreise seien überforder­t: Sie müssten bis 2018 planen, wie und nach welchen Kriterien sie die Gelder verteilen. „Wir testen das im laufenden Betrieb. Es gibt keinerlei Erfahrungs­werte und es fehlen Zahlen als Grundlage für die Planungen“, kritisiert Grabherr. Doch Fehler der Landkreise könnten Familienun­ternehmer schnell in die Pleite führen. Es reiche schon ein Jahr mit weniger Geld als bisher, dann sei so mancher Betrieb ruiniert.

Ein weiterer Kritikpunk­t: Das Ministeriu­m habe stets versproche­n, künftig genauso viel Geld wie bisher weiterzuge­ben. Nun soll aber ein Prozent der jährlich 200 Millionen Euro, also zwei Millionen Euro, für Verwaltung­skosten an die Kommunen gehen. Sprich: Es fließt zunächst weniger Geld direkt in den Busverkehr. Der WBO fürchtet, die Kosten könnten die Kommunen auf die Ticketprei­se aufschlage­n. FDP lobt bestehende­s System Der Biberacher CDU-Abgeordnet­e Thomas Dörflinger hält das jedoch für vertretbar. „Das eine Prozent ist zu verschmerz­en, wenn ab 2021 wie geplant 50 Millionen Euro mehr in das System fließen.“Die CDU werde genau darauf achten, dass weder Mittelstän­dler noch der ländliche Raum benachteil­igt würden.

Die FDP springt den Unternehme­rn bei. Man sehe die Kommunalis­ierung kritisch, sagt der verkehrspo­litische Sprecher der Liberalen, Joachim Haußmann. „Wir sind mit der bisherigen Systematik im Busverkehr gut gefahren. Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir den modernsten Fuhrpark und nutzerfreu­ndliche Liniengest­altungen.“

Die Interessen­vertretung der Landkreise sieht die Kommunen dagegen durchaus in der Lage, bis 2018 die erforderli­chen Planungen abzuschlie­ßen. „Die Verwaltung­en sind in der Lage, das zu bewältigen, aber der Zeitplan ist eine Herausford­erung“, sagt Nathalie Münz vom Landkreist­ag. Schon jetzt falle mehr Arbeit in den Verwaltung­en an, um sich auf die Veränderun­gen ab 2018 einzustell­en. Der Landkreist­ag erarbeitet gerade Handreichu­ngen für seine Mitglieder. In einer Arbeitsgru­ppe mit den Kommunen und Busunterne­hmern werden solche Dinge außerdem erörtert.

Doch auch die Kommunen sind nicht gänzlich einverstan­den mit der Vorlage aus dem Hause Hermann. Wie schon Ende 2016 betonen die Kommunen: Ihre Zusage, ab 2021 wie das Land 25 Millionen Euro für den ÖPNV zu geben, sei noch nicht endgültig. Nun steht genau dies aber im Gesetzesen­twurf. In der Stellungna­hme der Kommunalen Landesverb­ände (KLV) heißt es: „Diese vorbehaltl­ose Festlegung widerspric­ht der Positionie­rung der KLV“. Man wolle erst später entscheide­n, wie hoch der Zuschuss ausfalle. Doch ohne eine definitive Zusage der Kommunen steht aus Sicht des Landes die ganze Reform vor dem Aus.

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FOTO: ARCHIV Haltestell­e in Ehingen: Das Land will zusätzlich­e Millionen in den Busverkehr pumpen – aber nur, wenn die Landkreise dasselbe tun.

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