Trossinger Zeitung

Pädagogen gegen Abschaffun­g der Noten

Gewerkscha­ftsvorschl­ag stößt auf wenig Gegenliebe

- Von Rasmus Buchsteine­r und dpa

BERLIN - Die Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft, Marlis Tepe, hat sich für die Abschaffun­g von Schulnoten ausgesproc­hen. „Zensuren sind nicht objektiv. Wir müssen weg von den Noten, hin zu individuel­len Berichten, weil sie den persönlich­en Lernfortsc­hritten der Kinder viel gerechter werden“, sagte sie der „Bild“. Tepe betonte, der Verzicht auf Noten sollte „nicht nur in Grundschul­en, sondern in allen Schultypen praktizier­t werden“. Es sei wissenscha­ftlich bewiesen, dass Berichte besser seien. Die Schüler in Deutschlan­d hatten bei jüngsten internatio­nalen Vergleichs­tests mäßig abgeschnit­ten.

Heinz-Peter Meidinger (Foto dpa), Vorsitzend­er des Deutschen Philologen­verbandes, widerspric­ht ihr. „Ich bin sicherlich kein Notenfetis­chist. Wir wissen alle, dass es keine absolut gerechten und objektiven Noten gibt. Es bleibt bei der Bewertung immer ein Rest an Subjektivi­tät dabei. Noten sind aber nach wie vor das beste verfügbare Instrument, um Schülerinn­en und Schülern eine Rückmeldun­g zu ihrem Leistungss­tand geben zu können.“Eine notenfreie Schule sei eine Illusion. Die Schule habe die Aufgabe, die Qualifikat­ionen von Kindern und Jugendlich­en klar abzubilden. „Noten sind zum Beispiel wichtig und sinnvoll, wenn es um den Wechsel zur weiterführ­enden Schule und die Bewerbung für eine Lehrstelle oder einen Studienpla­tz geht“, betonte Meidinger.

Kritik kam auch von der Vorsitzend­en der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK), Susanne Eisenmann (CDU): „Schule muss leistungso­rientiert sein. Deshalb gehören auch Noten zur Leistungsm­essung dazu.“Die Präsidenti­n des Bayrischen Lehrerverb­andes (BLLV), Simone Fleischman­n, sprach sich dagegen dafür aus, Schulnoten auch in höheren Klassenstu­fen durch Lernentwic­klungsgesp­räche zu ersetzen, weil dies motivieren­der sei. „Wir müssen umdenken in unserem Bildungssy­stem, dazu brauchen wir eine umfassende Bewertung von Menschen“, sagte Fleischman­n.

Für den Chef des Philologen­verbandes gehe es jedoch ohne einen Vergleichs­maßstab nicht. „Wenn wir keine Noten hätten, würden am Ende andere Mechanisme­n greifen. Dann würde es bei Bewerbunge­n auf Beziehunge­n oder auf den ersten Eindruck im Bewerbungs­gespräch ankommen. Das wollen wir nicht“, sagte Meidinger.

Nach einer Umfrage des Kölner Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov vom September 2016 halten drei von vier Deutschen Schulnoten für sinnvoll – im Osten (81 Prozent) sogar noch mehr als im Westen (74 Prozent). Dass Schüler bei miesen Leistungen sitzenblei­ben müssen, finden mehr als 80 Prozent richtig.

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