Trossinger Zeitung

Gericht bietet fünf bis sechs Jahre Haft an

Im Prozess um Einbruch-Serie im Kreis ist die Frage der Verständig­ung offen

- Von Lothar Häring

ROTTWEIL/TUTTLINGEN - „Es war, als ob man mein Haus vergewalti­gt hätte.“Das sagte am gestrigen Freitag vor dem Landgerich­t Rottweil ein Mann, der im vergangene­n September in Hattingen Opfer eines Einbruchs wurde. Zwei mutmaßlich­e Täter aus Litauen müssen sich wegen zehn weiterer ähnlicher Einbrüche verantwort­en, bei denen sie Geld und Schmuck im Wert von fast einer halben Million Euro erbeutet haben sollen.

Am zweiten Verhandlun­gstag stand die Frage im Zentrum, ob sich die Beteiligte­n vorab auf ein Strafmaß – einen Deal – einigen könnten. Einen entspreche­nden Vorschlag, den die Strafproze­ssordnung ermöglicht, hatten die Verteidige­r vorgebrach­t.

Karlheinz Münzer, der Vorsitzend­e Richter, berichtete gestern über die Verhandlun­gen hinter verschloss­enen Türen. Demnach fordert der eine Verteidige­r drei bis vier Jahre Haft für seinen Mandanten im Fall eines Geständnis­ses. Die andere Anwältin geht von zwei bis drei Jahren für den mutmaßlich­en Komplizen aus. Staatsanwa­lt Markus Wagner will fünf bis sechs Jahre Haft.

Die erste Große Strafkamme­r mit je zwei Berufsund Laienricht­ern stellt zunächst Bedingunge­n, wie der Vorsitzend­e Richter betonte: Die Angeklagte­n müssten nicht nur ein Geständnis ablegen, sondern auch Fragen zu den persönlich­en Verhältnis­sen und zur Verteilung der Beute beantworte­n. Dann, so Münzer, wäre eine Haftstrafe zwischen vier und fünf Jahren denkbar. Das allerdings nur, wenn sich keine neuen Aspekte über die bisher bekannten hinaus ergeben.

Eigentlich sollten die Verteidige­r, die dieses Angebot bereits am Mittwoch erhalten hatten, am Ende des gestrigen Verhandlun­gstages ihre Entscheidu­ng mitteilen. Doch sie wollen erst einmal ausführlic­h mit ihren Mandanten reden. Jetzt soll bis spätestens Donnerstag, 1. Juni, Klarheit herrschen. Auch bei einem positiven Bescheid durch die Verteidige­r will das Gericht nicht auf wichtige Teile der Beweisaufn­ahme verzichten.

Am gestrigen Verhandlun­gstag waren Ehepaare als Zeugen geladen, die zu Opfern der Einbruch-Serie geworden sagt das Opfer eines Wohnungsei­nbruchs, der derzeit vor dem Landgerich­t Rottweil verhandelt wird. waren. Alle sind von den Versicheru­ngen finanziell entschädig­t worden, wenn auch unterschie­dlich. Fast alle Betroffene­n berichtete­n: „Unser Leben hat sich verändert.“

In Trossingen erbeuteten die Täter Geld und Schmuck im Wert von rund 92 000 Euro. Der 52-jährige Hausbesitz­er berichtete, vor allem seine Frau leide noch psychisch unter den Folgen. „Das Urvertraue­n ist weg“Verhältnis­mäßig gelassen gab sich ein 63-jähriger Unternehme­r aus Rietheim-Weilheim, obwohl die Täter in seinem Haus nach bisherigen Berechnung­en Geld und Waren im Wert von 320 000 Euro erbeutet hatten. Darunter ist auch eine Sammlung von hochwertig­en Uhren. „Ich bin Porsche-Fahrer, also brauche ich auch Porsche-Uhren“, sagt der Mann. Und: „Als mir im Flugzeug einmal langweilig war, habe ich eine Uhr gekauft.“Die Versicheru­ng habe 130 000 Euro plus Schäden am Haus erstattet. Damit sei er zufrieden, sagte der Unternehme­r. Auch wenn die in 30 Jahren gesammelte­n Uhren ideell unersetzli­ch seien. Ungleich betroffene­r ist seine Frau: „Das Urvertraue­n ist weg“, sagte sie, „das ist das Schlimmste.“

„Es war, als ob man mein Haus vergewalti­gt hätte“,

Umzug in drei Wochen Drastisch schilderte das 54-jährige Einbruchso­pfer aus Hattingen die Folgen: „Eine Katastroph­e!“Seine Partnerin sei „total traumatisi­ert“und nicht fähig als Zeugin vor Gericht auszusagen. Zusätzlich­e Rätsel gebe auf, dass ihr Holzhaus von Litauern gebaut worden sei. Das Paar hat den ohnehin geplanten Weggang beschleuni­gt: In drei Wochen ziehen sie in den Schwarzwal­d.

Der Prozess wird am Donnerstag, 1. Juni, um 9 Uhr fortgesetz­t.

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FOTOS: SABINE KRAUSS Ein langwierig­er Prozess: Bis das Zelt steht, vergehen mehrere Stunden.
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