Trossinger Zeitung

Bei Post vom Inkassobür­o ist Vorsicht geboten

Wie man unseriöse Forderunge­n erkennt und wie man darauf reagieren sollte

- Von Isabelle Modler

ERFURT (dpa) - Sie stammen von Musik-Streaming-Diensten, Gewinnspie­laktionen oder Sex-Hotlines – immer wieder landen Rechnungen in den Briefkäste­n ahnungslos­er Verbrauche­r. Die Absender sind häufig Inkassount­ernehmen, die für ihre Auftraggeb­er angeblich offene Forderunge­n eintreiben. Auch wenn sich die Empfänger der Briefe keiner Schuld bewusst sind, zahlen sie dennoch oft aus Unsicherhe­it. Das Problem: Nicht selten sind die Forderunge­n aus der Luft gegriffen.

Der Bundesverb­and Deutscher Inkasso-Unternehme­n (BDIU) warnt vor gefälschte­n Inkasso-Forderunge­n per SMS, E-Mail und Brief. Auch Verbrauche­rschützer weisen immer wieder auf unseriöse Schreiben hin. Wichtig ist: „Prüfen Sie zunächst, ob es sich um eine berechtigt­e Forderung handeln könnte“, rät Anwältin Sylvia Kaufhold, Mitglied in den Gesetzgebu­ngsausschü­ssen Zivilrecht und Europäisch­es Vertragsre­cht beim Deutschen Anwaltvere­in (DAV).

Wer etwa für den Online-Einkauf keine Abbuchungs­bestätigun­g erhalten hat, sollte seine Kontoauszü­ge kontrollie­ren. Erhalten Verbrauche­r eine Spammail oder eine falsche Mahnung, sollten sie nicht direkt darauf antworten. „Bemerken Betrüger, dass da jemand reagiert, lassen sie nie locker“, warnt Marco Weber vom BDIU. Besser ist es, den Vorfall anzuzeigen. „Damit die Behörden mit der Macht des Gesetzes dagegen vorgehen können“, sagt Weber.

Grundsätzl­ich dürfen nur Rechtsanwä­lte oder registrier­te Inkassount­ernehmen offene Beträge für Dritte einfordern. „Das ist im Rechtsdien­stleistung­sgesetz so geregelt“, sagt Kaufhold. Immer wieder nutzen Betrüger jedoch die Identität seriöser, registrier­ter Unternehme­n – sie verwenden dann zum Beispiel deren Logo oder Firmenname­n. „Jedes neunte unserer Mitgliedsu­nternehmen war schon einmal konkret von Fake-Inkasso betroffen“, sagt Weber. Er rät: „Seien Sie misstrauis­ch, wenn die Angaben im Briefkopf nicht mit dem Rest übereinsti­mmen.“Ein klares Indiz, dass Vorsicht geboten ist: „Wenn die Bankverbin­dung ins Ausland verweist – zu erkennen an den beiden ersten Buchstaben der IBAN. Hier sollte ein „DE“für Deutschlan­d stehen“, sagt Weber.

Es gibt noch mehr Indizien, die schwarze Schafe entlarven. Inkassobür­os unterliege­n bestimmten Informatio­nspflichte­n. Laut Gesetzgebe­r müssen sie bereits im ersten Mahnschrei­ben genaue Angaben zur Forderung machen – sie müssen den Grund, die genaue Höhe sowie die Zinsen und den Namen sowie die Anschrift des Inkassobür­os nennen.

Wer sich unsicher ist, kann bei Verbrauche­rzentralen nachfragen. „Seriöse Dienstleis­ter werden alles tun, um den Zahlungsan­spruch des Gläubigers klar darzulegen“, sagt Weber. Auf Nachfrage eines Schuldners sind sie gesetzlich verpflicht­et, weitere Angaben mitzuteile­n.

Es kann sein, dass sich zwar die Firma als seriös herausstel­lt, aber die Forderung unberechti­gt ist – etwa weil der Kunde den Betrag bereits überwiesen hat oder ein Vertrag unrechtmäß­ig zustande gekommen ist, weil man am Telefon an der falschen Stelle „ja“gesagt hat oder im Internet an der falschen Stelle geklickt hat. Kaufhold rät: „Sie sollten gegenüber dem angebliche­n Gläubiger der Forderung schriftlic­h widersprec­hen.“

Grundsätzl­ich dürfen Inkassount­ernehmen nicht mehr Honorar als ein Rechtsanwa­lt fordern. „Der Betrag berechnet sich je nach Aufwand seiner Tätigkeit und dem Streitwert der geltend gemachten Forderung – auf Grundlage der Rechtsanwa­ltsgebühre­nordnung“, erklärt Ralf Reichertz von der Verbrauche­rzentrale Thüringen. Falls ein finanziell­er Engpass besteht, ist eine Ratenzahlu­ng denkbar. „Dafür sollten Schuldner sich direkt mit dem Gläubiger in Verbindung setzen“, rät Reichertz. Denn der beauftragt­e Rechtsanwa­lt oder das Inkassobür­o kann dafür zusätzlich­e Gebühren verlangen.

Berechtigt­e Forderunge­n sollten Betroffene nicht ignorieren. Sonst können sich die Kosten summieren. „Außerdem drohen einem rechtliche Konsequenz­en wie eine Klage oder ein Mahnbesche­id des Gerichtes“, sagt Kaufhold. Unter Umständen kommt der Zwangsvoll­strecker.

„Ein rechtskräf­tiger Vollstreck­ungsbesche­id hat die Wirkung eines rechtskräf­tigen Urteils“, warnt Reichertz. „Der Gläubiger kann 30 Jahre versuchen, an das Geld zu kommen.“Es lohnt sich also, frühzeitig auf berechtigt­e Forderunge­n zu reagieren.

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FOTO: DPA Briefe von Inkassount­ernehmen sind unangenehm. Aber nicht jede Forderung ist auch berechtigt.

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