Bei Post vom Inkassobüro ist Vorsicht geboten
Wie man unseriöse Forderungen erkennt und wie man darauf reagieren sollte
ERFURT (dpa) - Sie stammen von Musik-Streaming-Diensten, Gewinnspielaktionen oder Sex-Hotlines – immer wieder landen Rechnungen in den Briefkästen ahnungsloser Verbraucher. Die Absender sind häufig Inkassounternehmen, die für ihre Auftraggeber angeblich offene Forderungen eintreiben. Auch wenn sich die Empfänger der Briefe keiner Schuld bewusst sind, zahlen sie dennoch oft aus Unsicherheit. Das Problem: Nicht selten sind die Forderungen aus der Luft gegriffen.
Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) warnt vor gefälschten Inkasso-Forderungen per SMS, E-Mail und Brief. Auch Verbraucherschützer weisen immer wieder auf unseriöse Schreiben hin. Wichtig ist: „Prüfen Sie zunächst, ob es sich um eine berechtigte Forderung handeln könnte“, rät Anwältin Sylvia Kaufhold, Mitglied in den Gesetzgebungsausschüssen Zivilrecht und Europäisches Vertragsrecht beim Deutschen Anwaltverein (DAV).
Wer etwa für den Online-Einkauf keine Abbuchungsbestätigung erhalten hat, sollte seine Kontoauszüge kontrollieren. Erhalten Verbraucher eine Spammail oder eine falsche Mahnung, sollten sie nicht direkt darauf antworten. „Bemerken Betrüger, dass da jemand reagiert, lassen sie nie locker“, warnt Marco Weber vom BDIU. Besser ist es, den Vorfall anzuzeigen. „Damit die Behörden mit der Macht des Gesetzes dagegen vorgehen können“, sagt Weber.
Grundsätzlich dürfen nur Rechtsanwälte oder registrierte Inkassounternehmen offene Beträge für Dritte einfordern. „Das ist im Rechtsdienstleistungsgesetz so geregelt“, sagt Kaufhold. Immer wieder nutzen Betrüger jedoch die Identität seriöser, registrierter Unternehmen – sie verwenden dann zum Beispiel deren Logo oder Firmennamen. „Jedes neunte unserer Mitgliedsunternehmen war schon einmal konkret von Fake-Inkasso betroffen“, sagt Weber. Er rät: „Seien Sie misstrauisch, wenn die Angaben im Briefkopf nicht mit dem Rest übereinstimmen.“Ein klares Indiz, dass Vorsicht geboten ist: „Wenn die Bankverbindung ins Ausland verweist – zu erkennen an den beiden ersten Buchstaben der IBAN. Hier sollte ein „DE“für Deutschland stehen“, sagt Weber.
Es gibt noch mehr Indizien, die schwarze Schafe entlarven. Inkassobüros unterliegen bestimmten Informationspflichten. Laut Gesetzgeber müssen sie bereits im ersten Mahnschreiben genaue Angaben zur Forderung machen – sie müssen den Grund, die genaue Höhe sowie die Zinsen und den Namen sowie die Anschrift des Inkassobüros nennen.
Wer sich unsicher ist, kann bei Verbraucherzentralen nachfragen. „Seriöse Dienstleister werden alles tun, um den Zahlungsanspruch des Gläubigers klar darzulegen“, sagt Weber. Auf Nachfrage eines Schuldners sind sie gesetzlich verpflichtet, weitere Angaben mitzuteilen.
Es kann sein, dass sich zwar die Firma als seriös herausstellt, aber die Forderung unberechtigt ist – etwa weil der Kunde den Betrag bereits überwiesen hat oder ein Vertrag unrechtmäßig zustande gekommen ist, weil man am Telefon an der falschen Stelle „ja“gesagt hat oder im Internet an der falschen Stelle geklickt hat. Kaufhold rät: „Sie sollten gegenüber dem angeblichen Gläubiger der Forderung schriftlich widersprechen.“
Grundsätzlich dürfen Inkassounternehmen nicht mehr Honorar als ein Rechtsanwalt fordern. „Der Betrag berechnet sich je nach Aufwand seiner Tätigkeit und dem Streitwert der geltend gemachten Forderung – auf Grundlage der Rechtsanwaltsgebührenordnung“, erklärt Ralf Reichertz von der Verbraucherzentrale Thüringen. Falls ein finanzieller Engpass besteht, ist eine Ratenzahlung denkbar. „Dafür sollten Schuldner sich direkt mit dem Gläubiger in Verbindung setzen“, rät Reichertz. Denn der beauftragte Rechtsanwalt oder das Inkassobüro kann dafür zusätzliche Gebühren verlangen.
Berechtigte Forderungen sollten Betroffene nicht ignorieren. Sonst können sich die Kosten summieren. „Außerdem drohen einem rechtliche Konsequenzen wie eine Klage oder ein Mahnbescheid des Gerichtes“, sagt Kaufhold. Unter Umständen kommt der Zwangsvollstrecker.
„Ein rechtskräftiger Vollstreckungsbescheid hat die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils“, warnt Reichertz. „Der Gläubiger kann 30 Jahre versuchen, an das Geld zu kommen.“Es lohnt sich also, frühzeitig auf berechtigte Forderungen zu reagieren.