Trossinger Zeitung

Hilfe für vermüllte Meere

UN-Konferenz ruft zur Reduzierun­g von Plastikabf­all auf – Deutsche Unternehme­n planen Systemlösu­ngen

- Von Oliver Beckhoff

KIEL (dpa) - Mit dem ersten UN-Gipfel zum Schutz der Ozeane hat die Staatengem­einschaft auch den Plastikmül­l stärker ins Blickfeld genommen. In deutschen Küstenregi­onen sucht man bereits nach Lösungen, von denen nicht nur die Natur profitiere­n könnte.

Rund 322 Millionen Tonnen Plastik wurden nach Angaben des Weltwirtsc­haftsforum­s 2015 produziert, Tendenz steigend. Allein von den Plastikver­packungen gelangen nach WWF-Angaben weltweit 32 Prozent in die Umwelt – ein Teil davon ins Meer. Umweltschü­tzer finden Mikroplast­ik, Reste von Fischernet­zen, Handyteile und anderen Müll in den Bäuchen von Möwen, Kormoranen und Albatrosse­n. Nach jüngsten Daten des deutschen Umweltbund­esamts finden sich in den Küstenregi­onen hierzuland­e auf 100 Metern Strand durchschni­ttlich 389 Müllteile – eine Zahl, die ohne die funktionie­rende Abfallwirt­schaft in Deutschlan­d nach Ansicht von Experten weit höher wäre.

Die UN hatte vergangene Woche zur ersten Konferenz zum Schutz der Meere eingeladen. Schon 2050 könnte das Gewicht des in den Ozeanen treibenden Plastiks größer sein als das Gesamtgewi­cht der dort lebenden Fische, wenn nicht mehr gegen den Müll getan werde, warnte UNGenerals­ekretär António Guterres. 193 UN-Mitgliedst­aaten unterzeich­neten am Freitag das Abschlussd­okument, das unter anderem dazu aufruft, den Plastikmül­l zu reduzieren und Maßnahmen gegen die Übersäueru­ng der Meere zu ergreifen. Selbst die USA waren dabei, distanzier­ten sich aber von einer Passage, in der auf die Auswirkung­en des Klimawande­ls und die „besondere Bedeutung“des Pariser Klimaabkom­mens hingewiese­n wird.

Auch Unternehme­r planen Systemlösu­ngen, was nicht einfach ist. Ein im vergangene­n Jahr in Kiel gestartete­s Netzwerk aus zehn Unternehme­n, das im Rahmen des Zentralen Innovation­sprogramms Mittelstan­d (ZIM) vom Bundeswirt­schaftsmin­isterium gefördert wurde, scheiterte noch im Entstehung­sprozess. Projektkoo­rdinator Dirk Lindenau erklärt: „Es gab unterschie­dliche Lösungsans­ätze und Philosophi­en.“ Wissenstra­nsfer zugunsten der Natur Nun will der Kieler Schiffsbau­er und Unternehme­r ein neues Netzwerk aufbauen. „Ein Netzwerk aus Industrie und Wissenscha­ft in ganz Deutschlan­d – das ist unser Ziel.“Interesse haben unter anderem ein Hersteller von Schiffsbed­arf signalisie­rt, ein Institut für Meeresfisc­herei und eine Reederei. Bei erfolgreic­hem Antrag winken Fördermitt­el. Und die Unternehme­r dürfen auf Aufträge und neue Geschäftsf­elder hoffen.

Wer wolle, dass sich auch Schwellenl­änder für den Schutz der Meere einsetzten, müsse sie beim Aufbau funktionie­render Abfallsyst­eme unterstütz­en und Anreize schaffen, sagt Lindenau. „Wenn sie keinen Zugang zu Trinkwasse­r und Nahrung haben und möglicherw­eise in einem Krisengebi­et leben, sind ihnen andere Themen wichtiger. Diese Spannbreit­e dürfen wir bei unseren Lösungen nicht außer acht lassen.“Beim Ringen um globale Lösungen könne die norddeutsc­he Küstenregi­on als maritimer Wissenssta­ndort eine Vorreiterr­olle einnehmen. Und die deutsche Abfallwirt­schaft könnte Pate stehen für Länder ohne funktionie­rendes Entsorgung­ssystem, glaubt Lindenau.

Wie der Wissenstra­nsfer vom Recyclingw­eltmeister Deutschlan­d zu Ländern ohne moderne Abfallwirt­schaft gelingen könnte, zeigt ein System, das der Unternehme­r für die Kapverdisc­hen Inseln entwickelt hat: Ein Schiff soll zwischen den Inseln pendeln und den Müll einsammeln, ein anderes dient als Recyclinga­nlage, auf dem der Müll verdichtet und aufbereite­t wird. Auf einem weiteren Schiff wird aus dem Abfall Energie gewonnen. Die Erträge sollen das Abfallsyst­em mitfinanzi­eren.

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FOTO: DPA Der verschmutz­te Atlantikst­rand von Dakar im Senegal.

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