Trossinger Zeitung

Seit 252 Jahren zu Fuß nach Spaichinge­n

Aus Dankbarkei­t haben die Villinger ein Gelübde abgelegt, das sie bis heute halten

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - Seit 252 Jahren machen sich Villinger Mitglieder der Münstergem­einde in der Nacht zum Montag nach Trinitatis (Dreifaltig­keitssonnt­ag) zu Fuß auf den Weg nach Spaichinge­n. Genauer: Seit 252 Jahren machen sich überhaupt Pilger aus Villingen auf den Weg nach Spaichinge­n, seit etwas über 20 Jahren aber auch wieder zu Fuß. Der Grund: Ein Gelübde, das die Vorfahren der heutigen Pilger geleistet haben, weil sie im Jahr 1765 vor einer schweren Viehseuche errettet wurden.

Aus Dankbarkei­t stifteten sie ein großes Votivbild und legten ihr Gelübde ab. Dieses Bild ist am heutigen Montag im vorderen Chorraum zu sehen, jedes Jahr schön geschmückt mit Blumen. Es wurde 1983, so ein Bericht des Geschichts- und Heimatvere­ins Villingen, im Auftrag der Münstergem­einde restaurier­t. Es hängt sonst auf der Empore der Wallfahrts­kirche.

Es zeigt die Krönung Mariens (Schutzpatr­onin Villingens) durch die allerheili­gste Dreifaltig­keit. Auf dem Bild noch zu sehen: Villingen, Kühe, der Schwarzwal­d und eine Gruppe betender Menschen mit Priester und Ratsherren.

Wer mag, kann die heute noch sehr gut lesbaren Zeilen lesen, die die Dankbarkei­t der Villinger ausdrücken:

„Als ein Zeichen innigster Dankbarkei­t gegen die allerheili­gste Dreifaltig­keit hat eine gesamte Bürgerscha­ft der Kaiserlich vorderöste­rreichisch­en Stadt Villingen wegen crasierend­er Viehsuchts diese Tafel verlobt 1765“. Wenn Seuchen das Vieh hinrafften, dann waren ganz schnell die Menschen in großer Not. Dies und die sicher noch gegenwärti­gen Erzählunge­n aus dem 30-jährigen Krieg (bis 1648) und dem Spanischen Erbfolgekr­ieg (1704) mit Belagerung­en durch Schweden und Württember­ger der vorderöste­rreichisch­en Stadt Villingen macht die Angst der Menschen erklärbar.

Und so lässt sich die Dankbarkei­t erklären und die Wallfahrt nach Spaichinge­n, das ebenfalls vorderöste­rreichisch war. Die Wallfahrt auf den Dreifaltig­keitsberg war vor dem Sieg Napoleons und dem Übergang der Primstadt zum mit Napoleon verbündete­n Württember­g anfangs des 19. Jahrhunder­ts eine bedeutende in der Region.

Die Villinger – die Gruppe ist laut dem Bericht Martin Dischs immer bis zu 30 Menschen stark – haben sich dieses Jahr verabredet, in der Nacht zum Montag um 1.30 Uhr loszumarsc­hieren, egal wie das Wetter ist. Die Pilgergrup­pe ist aber weit größer, denn einige fahren mit dem Bus auf den Berg.

Es soll Zeiten gegeben haben, als sich die Fußwallfah­rer, fast am Ende ihrer 33,5 Kilometer langen Strecke, bei Erwin und Edeltraud Teufel mit einem Frühstück stärken konnten. Der Wallfahrts­gottesdien­st auf dem Berg wird um 10.30 Uhr gefeiert, danach essen die Wallfahrer gemeinsam zu Mittag, ehe sie den Heimweg – wohl alle per Bus – antreten.

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