Jeder Buchstabe bringt das Geschehen näher
Eine junge Frau hat die Gedenkplatte zum Spaichinger KZ gestaltet
SPAICHINGEN - Drei Jahre lang hat, damals ein Teenager, heute eine junge Frau, Samantha Götschl an einer Gedenkplatte an das Spaichinger KZ gearbeitet, die am 19. Juli im Beisein von Heiner Geißler feierlich enthüllt werden soll. Sie hat Buchstabe für Buchstabe des Erinnerungstextes, der ihr übergeben wurde, in Gips geritzt, sorgfältig zwischen fein vorgezeichnete Linien.
Das Ganze ging auf ein Kunstprojekt des Lehrers Frank Mrowka zusammen mit seinem pensionierten Kollegen Wolfgang Schmid zurück, das in kleinen Platten im Boden den Weg der KZ-Häftlinge vom Lager an der Stelle des heutigen Postplatzes und Rathausparkplatzes hin zur Baustelle auf der Lehmgrube nachvollzieht. Dort sollten sie für Mauser alias Metallwerke eine Fabrikhalle für Rüstungsgüter erstellen.
Damals habe ihr Lehrer sie gefragt, ob sie sich vorstellen könne, mitzumachen, erzählt sie. Sie sagte Ja, ohne zu wissen, wie viel Arbeit das macht. Der Gips muss immer eine gewisse Konsistenz haben, die Buchstaben dürfen nicht zu tief und nicht zu wenig geritzt sein, man muss aufpassen, dass nichts abbricht. Denn alles würde später nach dem Bronzeguss genau so zu sehen sein, bis ins Detail.
Zwei, drei Wörter hätten dann ein bis zwei Stunden gekostet. „Es sieht leicht aus, aber das war es nicht.“Zwei Jahre lang war sie mit der Schreiberei beschäftigt.
Bei der teils fast meditativen Tätigkeit habe sie eine große Beziehung zur Thematik bekommen, sagt sie heute. „Früher war das nicht so, da war alles fern, nicht so nah und so greifbar.“Das Dritte Reich mit seinen Gräueln war in Dachau, Nürnberg, aber die eigene Heimat, die habe sie nicht damit in Verbindung gebracht. Dabei existierte das KZ in Spaichingen von September 1944 bis April 1945, bewacht von auswärtigen Kapos und SS-Leuten.
Samantha Götschl empfindet es als Ehre, an der Gedenkplatte ans Spaichinger KZ mitgewirkt zu haben. Vor allem aus einem Grund: „Dass es nie wieder so wird wie damals.“
Die Bronzeplatte selbst wurde wie das Negativ und die weiteren Gips- und Wachsmodelle – vom Spaichinger Künstler Frieder Preis in seinem Atelier in der Mühlgasse gegossen. Er hat da einen Ofen und eine Sandgrube für das sehr anspruchsvolle Kunstgussverfahren. Preis macht häufig Bronze-Kopien von vergänglicheren Vorlagen, wie etwa einem Holzmodell aus Vaihingen/ Enz, das jemand gerne als Bronzekunstwerk hätte.
Die Platte zum KZ-Gedenken wird bis zum Enthüllungsdatum auf einen Schwarzwald-Jurastein, angefertigt von Steinmetz André Maier montiert und dann bei einer Feierstunde mit etlichen Gästen enthüllt werden. Ein Video zur neuen Gedenkplatte und ihrer Herstellung finden Sie am Mittwoch unter www.schwaebische.de/spaichingen