Sjöström schwimmt Weltrekord – und keiner merkt es
Auch Britta Steffen verneigt sich vor der Schwedin, die Deutschen enttäuschen und hoffen auf Mittwoch
BUDAPEST (SID/dpa) - Die Schwedin Sarah Sjöström ist bei der WM in Budapest zu einem Fabelweltrekord gekrault – und fast niemand merkte es. Als Startschwimmerin der schwedischen Freistilstaffel knackte die Olympiasiegerin in 51,71 Sekunden als erste Frau die 52er-Marke über 100 Meter – mit Ansage, aber ohne Durchsage. Der Hallensprecher hatte es am Sonntagabend schlicht nicht gemerkt.
„Der Plan war, den Weltrekord am ersten Tag zu schwimmen“, sagte die 23-Jährige, „dann bin ich frischer als später in der Woche.“In der Staffel sei es leichter als im Einzel, „da muss ich vorsichtiger angehen, um am Ende noch Kraft zu haben“. Mit dem schwedischen Quartett, das im Finale Fünfte wurde, ging es nicht um Medaillen, sondern lediglich um die Zeit: „Ich habe auf den ersten 50 Metern alles rausgehauen und dann auf das Beste für die letzten 50 gehofft. Es war nicht wirklich kluges Schwimmen.“
Aber schnelles – sie war 35 Hundertstel besser als die Australierin Cate Campbell, die vor einem Jahr den Weltrekord von Britta Steffen um eine Hundertstel verbessert hatte. „Über viele Jahre und gerade im Laufe dieser Saison hat sich ein Leistungssprung angekündigt“, sagte Steffen. Die Doppel-Olympiasiegerin von Peking, die die Bestmarke 2009 im Hightech-Anzug aufgestellt hatte, bescheinigte Sjöström „eine absolute Ausnahmeleistung“. Am Montagabend holte sich Sjöström dann ihr erstes Gold in Budapest: Über 100 Meter Schmetterling blieb sie fünf Hundertstel über ihrem Weltrekord von Olympia in Rio.
Tags zuvor hatten die 10 000 Zuschauer in der Duna Arena vom ersten Weltrekord der WM ohne Information nichts mitbekommen. Der Jubel galt Katie Ledecky, die mit der US-Staffel ihr zweites Gold gewann. „Es war ein guter erster Abend“, bilanzierte die Vierfach-Olympiasiegerin von Rio, „ich bin glücklich, wie es gelaufen ist.“Dass sie über 400 Meter fast zwei Sekunden über ihrem Weltrekord geblieben war, störte sie nicht. „Es ist meine zweitbeste Zeit“, betonte die 20-Jährige, „es gibt keine Enttäuschung. Es ist ein WM-Gold, daran ist nichts auszusetzen.“Ledecky hat in Budapest noch viel vor: Sie will auch über 200, 800 und 1500 Meter sowie in der 4x200-mStaffel triumphieren und ihre fünf WM-Titel von 2015 überbieten. Auch Sjöström peilt weitere Großtaten an – den Sieg über 50 Meter Freistil inklusive Weltrekord. Noch hält ihn Steffen (23,73), aber Sjöström schwamm im April schon bis auf zehn Hundertstel heran und greift am Wochenende auch diese Marke an.
Bundestrainer Henning Lambertz sehnte nach dem kollektiven VorlaufAus der Deutschen am zweiten WMTag dagegen die Starts seiner wenigen Hoffnungsträger herbei. „Wir freuen uns auf die Großen, die wir im Team haben. Wenn die ab Mittwoch anfangen, das Wasser ein bisschen mit aufzuwirbeln, dann wird es deutlich besser“, sagte Lambertz. Die Abendrennen am Montag liefen ohne Deutsche ab, heute droht dasselbe Szenario. Erst wenn die Weltjahresbesten Philip Heintz und Franziska Hentke am Mittwoch und Weltmeister Marco Koch einen Tag später auf den Startblock steigen, ist Besserung in Sicht. Im deutschen Mini-Team unterboten bislang in Aliena Schmidtke (Zehnte über 100 Meter Delphin) und dem Bad Saulgauer Clemens Rapp (Platz 20 über 200 Meter Freistil in 1:47,69) nur zwei von acht Startern ihre Saisonbestzeiten.