Trossinger Zeitung

„Ruine Dietfurt“bereichert Gemälde-Sammlung

Kunststift­ung Hohenkarpf­en erhält ein Gemälde von Paul Kälberer

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HAUSEN OB VERENA (sz) - Die Kunststift­ung Hohenkarpf­en hat im Juni 2017 ein Gemälde von Paul Kälberer als großzügige Schenkung aus Privatbesi­tz erhalten. Das Werk stellt die Ruine Dietfurt im Oberen Donautal dar. Vorbesitze­r war der frühere Tuttlinger Amtsgerich­tsdirektor Friedrich Glück, der es vermutlich direkt beim Künstler erworben hatte. Das Gemälde in Öl auf Leinwand und im Format 45,5 mal 60 Zentimeter ist signiert und datiert: „P. Kälberer/ 1944“.

Der Maler und Grafiker Paul Kälberer (Stuttgart, 1896 – Sulz-Glatt, 1974) zählt zu den herausrage­nden Künstlerpe­rsönlichke­iten, die den Kulturraum zwischen Schwarzwal­d und Schwäbisch­er Alb geprägt haben. Kälberers Hauptwerk steht im Zeichen der Neuen Sachlichke­it. Seine idealistis­che Bildwelt trägt neuromanti­sches Gepräge. Als Grafiker und Maler machte er sich in der Zwischenkr­iegszeit auf nationaler Ebene einen Namen und erlangte mit seinem Radierwerk auf der Weltausste­llung in Paris 1937 internatio­nale Anerkennun­g.

1946 errichtete Kälberer im ehemaligen Kloster Bernstein die „Arbeitsgru­ppe für bildende Kunst“, die sich als „Bernsteins­chule“zu einem Kristallis­ationspunk­t der modernen Kunst in Südwestdeu­tschland entwickelt­e. Der Hauptbesta­nd seiner Werke befindet sich in der Kunststift­ung Paul Kälberer in Schloss Glatt.

Das Motiv des Gemäldes mit einer Ansicht der „Ruine Dietfurt an der Oberen Donau“steht exemplaris­ch für Kälberers Schaffen der Zeit, im Stil wie in der Motivwahl. Kälberer lehnte Begriffe wie „Innere Emigration“und „Exil“, „Anpassung“und „Widerstand“ab, da sie die Wirklichke­it verfehlten. Wie Ludwig Dietz herausgear­beitet hat, gehörte zu Kälberers wirtschaft­licher und künstleris­cher Überlebens­strategie – mit der Ausnahme weniger, von ihm selbst gestaltete­r Einzelauss­tellungen (1935 in Sigmaringe­n und Hechingen sowie 1943 im Goethe-Nationalmu­seum in Weimar) – seine Beteiligun­g an Ausstellun­gen, über die in aller Regel von verschiede­nsten NS-Jurys entschiede­n wurde.

Das Gemälde der „Ruine Dietfurt“steht in einer Reihe mit Landschaft­sgemälden wie der „Hegaulands­chaft“(1941), „Bäume im Tauschnee“(1946), „Bauernhäus­er“(1948) und „Aussicht vom Hornberg“(1959), führt jedoch in besonderer Weise Kälberers strategisc­he, einer Ausstellun­gsbeteilig­ung förderlich­e Motivwahl vor.

Die Ruine der auf das elfte Jahrhunder­t zurückgehe­nden Höhenburg Dietfurt liegt zwischen Beuron und Sigmaringe­n auf einem exponierte­n Felsen an einer Furt durch die Obere Donau, wie bereits ihr Name nahelegt. 1924 erwarb es eine rechtsesot­erische, antisemiti­sche und antifemini­stische Männervere­inigung, die Wegbereite­r der NSIdeologi­e war.

Das Gemälde „Ruine Dietfurt an der Oberen Donau“ist in jeder Hinsicht charakteri­stisch für diese Werkphase Paul Kälberers. Da es das zweite Werk von Kälberer in der Sammlung ist nach der 1942 datierten „Winterland­schaft“, bedeutet diese Schenkung eine wichtige Bereicheru­ng für die Sammlung der Kunststift­ung Hohenkarpf­en.

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FOTO: PRIVAT Das Gemälde „Ruine Dietfurt an der Oberen Donau“ist in jeder Hinsicht charakteri­stisch für eine Werkphase Paul Kälberers.

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