Boxer verlieren gegen Abspracheversuche
Verwaltungsvorschlag zur Vereinsunterbringung scheitert an politischen Schachzügen
SPAICHINGEN - Was haben die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen und Trainingsräume für die Spaichinger SVS Boxer miteinander zu tun? Viel. Das konnten die Zuhörer in der Gemeinderatssitzung am Montag lernen. Das Ergebnis: Die Spaichinger Boxer werden auch weiter keinen Trainingsraum haben.
Freie Wähler, FDP und SPD stimmten gegen, die anwesenden Räte von CDU, Pro Spaichingen und Grünen für den Vorschlag der Verwaltung, die bisherigen Räume im Untergeschoss des Rathauses brandschutztauglich zu machen und sich die Kosten mit dem SVS zu teilen. Harald Niemann und Alexander Efinger als Teilnehmer des Spaichinger 50er-Festes fehlten. Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher kündigte bereits zu Beginn der Sitzung an, dass er aufgrund dessen, „was bei mir angekommen ist“, seiner eigenen Vorlage nicht zustimmen werde. Er enthielt sich denn auch, sodass es zum Schluss sieben zu acht Stimmen gegen einen Zuschuss der Stadt von maximal 30 000 Euro hieß.
In einer langen Vorrede sagte Schuhmacher, dass der Vorschlag der Verwaltung deshalb nicht angenommen werden würde, weil es einen regen Schriftverkehr der Fraktionen gegeben habe „in anderen kommunalpolitischen Dingen“, nämlich in der Frage der Flüchtlingsunterbringung. Er warf einem Teil des Gemeinderats vor, sich hier nicht an bestehende Beschlüsse gehalten zu haben und ganz andere Vorschläge („Antrag“) unterbreitet zu haben. (Über diesen Themenkomplex werden wir ausführlich gesondert berichten).
Er berichtete, dass der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler um ein Gespräch nachgesucht und zum Ausdruck gebracht habe, dass die eingeladenen Fraktionen, wenn sich die CDU-Fraktion hier nicht einigen wolle, auch nicht dem Antrag zum Trainingsraum der Boxer zustimmen wollte.
Um was ging es? Folgendes ergaben unsere Recherchen: Seit Februar geht ein Brief- und Mailwechsel zwischen SVS, dessen Vorsitzender Tobias Schumacher auch Vorsitzender der CDU-Fraktion ist, und Bürgermeister Schuhmacher hin und her, nachdem nach einer Brandschau klar war, dass das Untergeschoss des Rathauses, wo die Boxer trainieren, nicht den Vorschriften entspricht. Der Mietvertrag war bereits Ende 2015 abgelaufen, was aber damals offenbar nicht thematisiert wurde. Erst war von 130 000 Euro seitens der Stadt für die brandschutztechnische Nachrüstung die Rede, dann überprüfte der SVS selbst, und fand eine geringere Summe heraus. Dann ging es um die Höhe eines Zuschusses, dann um die Frage der Anrechnung eines WLSB-Zuschusses und vieles mehr. Unterm Strich hatte der SVS den Bedingungen Schuhmachers immer nachgegeben, bis bei einem Fraktionsgespräch der Vorschlag des Bürgermeisters so feststand, wie er in der Vorlage stand. Parallel aber beschäftigte sich der Gemeinderat ebenfalls nicht öffentlich mit der Frage der Anschlussunterbringung von Flüchtlingen. Bürgermeister Schuhmacher verkündete in der Einwohnerversammlung am 28. Juni die nichtöffentliche Beschlusslage des Rates, in den sozialen Wohnungsbau einzusteigen. Daraufhin gab es eine weitere nichtöffentliche Sitzung, in der Schuhmacher die Vorlage und gleich einen potenziellen Bauträger präsentierte. Der hat auch das Flüchtlingsheim Hauptstraße 50 renoviert sowie vermietet es und hatte die alte Kreissparkasse von der Stadt gekauft und saniert. Das ging einigen Räten in jener Julisitzung zu schnell, sie wollten keinen Beschluss fassen, da ihnen die vorgeschlagene Bauweise nahe der Bahngleise und mit nur wenigen Zentimetern zur Straße viel zu eng war. Auch waren ihnen die nun präsentierten Häuser – statt zehn nun 24 Wohnungen – zu massiv und zu primitiv. Außerdem ging es jetzt um Kosten von fast vier Millionen Euro, was einigen Räten überteuert vorkam. Daraufhin forderte Bürgermeister Schuhmacher die Fraktionen auf, ihre genauen Wünsche zu formulieren, was sie dann auch taten, unter anderem mit dem Hinweis, vom Bau grundsätzlich wieder abzurücken und lieber einige in der Stadt zum Kauf stehende Häuser zu kaufen.
Nun signalisierte Heinrich Staudenmayer (Freie Wähler) Gesprächsbedarf, einen Termin im Rathaus habe er mit Bürgermeister Schuhmacher vereinbart. Eingeladen waren nur die SPD und die FDP. Tobias Schumacher wollte alle Fraktionen an einem Tisch haben und nicht Pro Spaichingen und die Grünen ausschließen.
Zurück zur Montagssitzung: Dort beschwerten sich Pro Spaichingen und Grüne, dass sie nicht ins Rathaus zu dem Gespräch eingeladen worden waren. Heinrich Staudenmayer entgegnete in der Sitzung, dass er einladen könne, wen er wolle. „Völlig probates Mittel“Sowohl Staudenmayer als auch Bürgermeister Schuhmacher machten in der Sitzung keinen Hehl daraus, dass sie wechselseitige Bedingung für ein völlig normales Vorgehen halten. „Ich halte es für ein völlig probates Mittel“, so Schuhmacher. „Das ist was normalerweise Politik ausmacht: Gibst du mir, dann gebe ich dir. Politik ist die Suche nach Kompromissen.“
Und: „Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, dass man jedwedes Gesprächsangebot ablehnt, was im Prinzip richtig CDU-typisch ist, dass man sagt, die armen Kinder und dann in anderen Fragen der Kommunalpolitik hinterfotzig in letzter Minute Anträge bringt.“
Die SPD-Fraktion lehnte, wie Walter Thesz ausführte, den Vorschlag ab, weil er nicht mit den Vereinsförderrichtlinien übereinstimme. Mit der Verknüpfung der Themen habe diese Entscheidung nichts zu tun.
Leo Grimm nannte denselben Grund und verwies darauf, dass er schon früher angeregt habe, bei der Sanierung der Stadionhalle die Boxer einzubeziehen. Eine ausführliche Dokumentention der Sitzung werden wir im Laufe der Woche ins Internet stellen.