Trossinger Zeitung

Großes Lob fürs Leibliche

Hoher Krankensta­nd durch diktatoris­chen Führungsst­il der Amts- und Abteilungs­leiter?

- Von Cornelia Spitz

Segler um „Botte“Grimm haben bei Wettbewerb die Bewirtung übernommen.

VILLINGEN-SCHWENNING­EN - Ein hoher Krankensta­nd bei der Stadtverwa­ltung löste nicht nur einen Blitzmarat­hon auf der B 33 aus, sondern führt auch intern zu Gewittern. Die Stimmung in der Verwaltung soll mies sein, und mit ein Grund für die zahlreiche­n Krankmeldu­ngen. In der Verwaltung sei ein „diktatoris­cher Führungsst­il“bei mehreren Amtsleiter­n, ist zu hören.

Immer wieder wird hinter vorgehalte­ner Hand ein angeblich schlechtes Betriebskl­ima bei der Verwaltung thematisie­rt. Nun aber gibt es ein Schreiben, dessen Inhalt bei der Betriebsve­rsammlung 2016 anonym dem Oberbürger­meister Rupert Kubon vorgetrage­n wurde. „Der Inhalt spiegelt ganz gut den derzeitige­n Stand in Teilen der Stadtverwa­ltung wider“, sagt der Informant, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Gerade jetzt, zu Ferienzeit­en, spitzt sich die Lage schnell zu: Viele Mitarbeite­r sind in Urlaub, dann machen sich Fehlzeiten in Folge von Krankheit besonders stark bemerkbar. „Es ist richtig, dass es Krankheits­fälle gab. Gerade dann, wenn sich diese mit Urlaubszei­ten überschnei­den, ist es nicht immer einfach, personelle Engpässe auszugleic­hen“, bestätigte beispielsw­eise Pressespre­cherin Madlen Falke, als es um den Blitzmarat­hon auf der B 33 und den zu kompensier­enden Nachholbed­arf wegen einiger Krankheits­ausfälle ging. Die Situation habe sich „aber schon wieder verbessert“.

Andere hingegen beurteilen die Situation bei der Stadtverwa­ltung ganz anders. Obwohl bei der Betriebsve­rsammlung zugesagt worden sei, dass die Verwaltung­sspitze an der Verbesseru­ng des Klimas arbeite und insbesonde­re den Führungsst­il diverser Amts- und Abteilungs­leiter unter die Lupe nehme, habe sich bis Jahresmitt­e 2017 nichts geändert. Die neuen Personalve­rtreter bei der Stadtverwa­ltung haben also offenbar ein schweres Amt angetreten. Erst vor zwei Wochen fand sich das neue, 13-köpfige Gremium, dessen Vorsitzend­e Isabel Kratt ist. Ihre Vorgängeri­n war lange Jahre die nun pensionier­te Brigitte Quattlände­r. Da der neue Personalra­t noch jung im Amt und mitten in der Einarbeitu­ng ist, konnten sich seine Vertreter zur aktuellen Lage nicht äußern. Personalra­t darf sich gegenüber Presse nicht selbst äußern Bemerkensw­ert ist, dass der Personalra­t sich offenbar nicht direkt gegenüber der Presse äußern darf. So erhielt eine Redaktion im Rahmen ihrer Recherche nach einer Anfrage an den Personalra­t eine Mitteilung der städtische­n Pressestel­le, dass auch Presseanfr­agen an den Personalra­t an die Pressestel­le zu richten seien. Seitens der Belegschaf­t gibt es deutliche Töne.

„Bei vielen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn ist die Motivation derart gesunken, dass ausschließ­lich nur noch das Nötigste getan wird“, heißt es beispielsw­eise in dem bei der Betriebsve­rsammlung zitierten Schreiben.

Woran das liegt, liege auf der Hand: „Es liegt hauptursäc­hlich an den teilweise veralteten oder nicht vorhandene­n Führungsko­mpetenzen einiger Amts- und Abteilungs­leiter“, heißt es in dem Brief an den Oberbürger­meister weiter. Aussagen wie „Ich bin hier der Chef und es wird das gemacht, was ich sage“oder „Wem’s nicht passt, der kann ja gehen“würden hier gehört und zeugten deutlich „von Führungssc­hwäche“, beklagen die Mitarbeite­r. „Vielfach werden Existenzän­gste geschürt. Mitarbeite­r werden bei persönlich­en Gesprächen angeschrie­en und wie Menschen zweiter oder dritter Klasse behandelt.“Widerspruc­h oder Veröffentl­ichung der Missstände würden als „Hochverrat angesehen und entspreche­nd geahndet“. Letztlich kapitulier­ten viele Mitarbeite­r, „und das macht krank!“Zu Spitzenzei­ten habe sogar der Arbeitsmed­izinische Dienst intervenie­rt.

Generell mies machen wolle man die Verwaltung nicht und man will auch nicht alle über einen Kamm scheren, wird in dem Brief deutlich. Natürlich gebe es auch Beispiele für gute Personalfü­hrung bei der Stadtverwa­ltung Villingen-Schwenning­en – „Identifizi­eren Sie die Abteilunge­n, bei denen es nicht rund läuft und reden Sie mit den Beschäftig­ten über deren Probleme. Und nehmen Sie auch die Führungskr­äfte in die Pflicht“, wurde dem Oberbürger­meister geraten.

Wie sehr der Brief vielen in der Belegschaf­t aus dem Herzen gesprochen hat, wurde im Anschluss deutlich: Es habe nach dem Vortrag bei der Betriebsve­rsammlung „tosenden Applaus“gegeben, schildert der Informant.

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FOTO: ALOIS GROSS
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FOTO: ARCHIV Alles andere als gut ist die Stimmung in Teilen der Stadtverwa­ltung Villingen-Schwenning­en.

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