Trossinger Zeitung

Junge Leute wollen sich engagieren

Serie Prägende Menschen: Tanja Köhler hat das Jufam-Projekt ins Leben gerufen

- Von Moni Marcel

SPAICHINGE­N/DENKINGEN - Tanja Köhler ist Psychologi­n und Autorin, coacht Mitarbeite­r und hält Vorträge. Mit all dem ist sie sehr erfolgreic­h. Aber sie engagiert sich auch ehrenamtli­ch, und hier hat sie bei vielen jungen Menschen einen bleibenden Eindruck hinterlass­en. So stellte sie 2008 das Projekt „Jufam – junge Freunde für andere Menschen" auf die Beine, bei dem Schüler des Spaichinge­r Gymnasiums Menschen in Alten- und Behinderte­neinrichtu­ngen besuchen.

„Wir sind damals gerade aus dem Ruhrgebiet nach Denkingen gezogen, und ich hatte dort ein ähnliches Projekt, bei dem auch ein Mädchen namens Sarah mitmachte“, erzählt Tanja Köhler. „Sarah wurde kurz nach ihrem Abitur ermordet, und ich hatte einfach das Bedürfnis, in Erinnerung an sie hier etwas ähnliches zu machen.“Also ging sie auf den damaligen Rektor zu, der einst ihr eigener Lehrer war, und der fand die Idee zwar schön, meinte aber, die jungen Leute hätten daran kein Interesse.

Wie falsch er lag, zeigte sich schnell: Fast 50 Schüler meldeten sich, um bei dem Besuchspro­jekt mitzumache­n. 15000 ehrenamtli­che Stunden haben die jungen Leute seitdem geleistet, „es sind richtige Ehrenamtli­ches Engagement bringt beiden Seiten etwas, ist Tanja Köhler überzeugt Freundscha­ften entstanden!“

Zeitung vorlesen, Einkaufen, einem spastisch gelähmten Mädchen die Fingernäge­l lackieren – die Hilfsberei­tschaft ist vielfältig. Und beide Seiten profitiere­n, denn einer der Grundsätze von Tanja Köhler ist: Wer sich ehrenamtli­ch engagiert, hat im Berufslebe­n die Nase vorn. Doch nicht nur das: Das Projekt fördert die Kommunikat­ions- und Organisati­onsfähigke­it, die Sozialkomp­etenz und gibt den Schülern Einblicke in die Berufswelt, alles hilfreich für die berufliche Orientieru­ng.

Außerdem gibt es monatliche Supervisio­n, bei er die Schüler berichten können, was ihnen passiert ist, wo Probleme besprochen und aufgearbei­tet werden können.

Nicht nur die jungen Leute zeigen sich begeistert davon, auch die Eltern sind von der Idee fasziniert, hat Tanja Köhler erfahren. Denn von ihnen wird sie immer wieder angesproch­en, „sie erzählen mir dann oft, was ihre Kinder inzwischen machen!“Dass sie von einer von ihnen, von Laura Kaiser, für diese Serie vorgeschla­gen wurde, berührt sie sehr. „Ich fühle mich total geehrt!“Das Projekt Jufam, das sie 2013 aus berufliche­n und familiären Gründen in die Hände von Cettina Bett und Christoph Geißler übergeben hat, war ein Herzensanl­iegen für sie. Und sie betont: „Alles, was ich jemanden schenke, kommt irgendwann zu mir zurück.“

Tanja Köhler erzählt, dass viele der jungen Menschen sie um Rat fragen, was sie beruflich machen sollen. Oft komme die Frage auf, ob es richtig sei, Psychologi­e zu studieren, wie es Tanja Köhler selbst gemacht hat. Denn oft heiße es, ohne gute Mathematik­noten ginge das nicht. „Ich sage ihnen dann, dass ich in Mathe Null Punkte hatte!“

„Alles, was ich jemanden schenke, kommt irgendwann zu mir zurück.“

„Nicht rebellisch, sondern mutig“Sie ermutige die jungen Leute, sich von den Noten zu lösen, und auch mal ein Studium oder eine Ausbildung abzubreche­n, wenn es partout nicht passt. „Nicht rebellisch, sondern mutig!“Was sie auch sehr freut: Jeder Teilnehmer beim Jufam-Projekt bekommt ein Zertifikat, und diese begegnen ihr manchmal wieder, wenn sie in Gesprächen mit Personalch­efs ist und Bewerbungs­unterlagen zu sehen bekommt. Freibad,

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FOTO: FELKER HENN Tanja Köhler weckt Engagement bei jungen Leuten. Hier liest sie aus ihrem Buch.

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