Mit Rollator und Rollstuhl unterwegs
Menschen mit Behinderungen und Busfahrer tauschen sich aus – Berührungsängste abgebaut
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Es war eine Premiere: Zum ersten Mal saßen in Villingen-Schwenningen Menschen mit Behinderungen und Busfahrer des Stadtverkehrs in einem Seminar zusammen. Es ging darum, mehr Verständnis für die Situation des anderen aufzubringen und so Berührungsängste abzubauen.
Die Geschäftsleiter der den Stadtverkehr betreibenden Verkehrsgemeinschaft (VGVS) Klaus Maier, Manfred Schürmann und Frank Wiest, machten deutlich, dass diese Veranstaltung für sie ein großes Anliegen ist. Menschen mit Behinderungen sollten sich in den Bussen des Stadtverkehrs wohl fühlen und möglichst problemlos an ihr Ziel gelangen.
Jürgen Fortenbacher, den sich die Geschäftsleitung für diese Veranstaltung ins Haus geholt hat, ist in den Landkreisen Ravensburg und Biberach mit zwei großen Inklusionsprojekten befasst, die das Thema des Transports von behinderten Menschen im öffentlichen Nahverkehr zum Thema haben.
So ganz einfach ist die Situation nämlich nicht. Schnell gab es in der regen Diskussion zwischen den Behinderten und den zahlreichen Busfahrern auch eine ganze Reihe von Beispielen. Da ist der Busfahrer, der sich beispielsweise unsicher ist, ob es der Behinderte überhaupt möchte, dass man ihm hilft. Oder auf der anderen Seite der Behinderte, der schon vor dem Erreichen der Haltestelle aufsteht, sich in Richtung Tür bewegt, weil er Angst hat, nicht rechtzeitig aus dem Bus zu kommen und sich unnötigen Gefahren aussetzt. Dialog ist das Wichtigste Fortenbacher hat Verständnis für beide Seiten und liefert das Rezept, das letztlich beiden Seiten helfen kann: miteinander reden. Das Credo des Nahverkehrsexperten: „Sie müssen den Dialog miteinander suchen.“Er weiß, dass viele behinderte Menschen ihr Leben selbstbestimmt führen und vieles alleine machen wollen. Von der höflichen Frage, ob er helfen könne, sollte dies den Fahrer aber nicht abhalten. Auch für die Geschichte mit dem Aussteigen hat Fortenbacher ein Rezept: Beim Einsteigen dem Fahrer sagen, an welcher Haltestelle man wieder raus will. „Er wird Rücksicht nehmen.“.
Abgeschlossen wurde das Seminar durch praktische Übungen. Am Ende gab es von den Busfahrern und den Behinderten jede Menge Lob. Der Behindertenbeauftragte des Schwarzwald-Baar-Kreises, Manfred Kemter, sprach von einer rundum gelungenen Veranstaltung. Er glaube, dass diese auch für die Busfahrer neue Erkenntnisse gebracht hat. Der Umgang mit Rollator-Benutzern und Rollstuhlfahrern, Blinden und Gehörlosen falle ihnen sicher einfacher, und Berührungsängste seien abgebaut worden.
Für die behinderten Teilnehmer des Seminars sei es wichtig gewesen, einmal die Probleme und Anmerkungen der Busfahrer zu hören. Es sei schließlich ein Aspekt gewesen, dass auch die Behinderten mehr Verständnis für die Busfahrer zeigen.