Trossinger Zeitung

Helfen, um etwas zurück zu geben

Andrea Utz hat als Lehrerin in Afrika gearbeitet – Fluchtursa­chen bekämpfen

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - „Das sind alles meine Kinder“, sagt Andrea Utz und betrachtet die Fotos, die sie auf Fotobuchse­iten aufgeklebt hat. Die Bilder zeigen schwarze Kinder vom Kindergart­enalter ab, Jugendlich­e und auch junge Erwachsene. Kinder, die Memory oder etwas anderes spielen, junge Erwachsene, die beim sonntäglic­hen Ausflug auf die einzige Erhebung nahe dem Dorf Kiyunga in Uganda mitmachen.

Die 57-jährige Spaichinge­rin ist früher als geplant aus Afrika zurück gekehrt. Eigentlich wollte sie ein Jahr, also bis Oktober, bleiben und eigentlich auch zunächst in Tansania bleiben. Als freiwillig­e Helferin bei den Niederlass­ungen der Claretiner. Dann kam es anders, sie hätte sich die pädagogisc­he Ausrichtun­g in der großen Schule samt Internat, Kindergart­en und Krankensta­tion mit 550 Kindern, anders gewünscht und so machte sie sich nach einem Vierteljah­r mit dem Bus auf eine eineinhalb­tägige Reise nach Uganda in ein anderes Claretiner-Projekt.

In Kiyunga betreiben die Claretiner eine Berufsschu­le, eine Kooperativ­e und ein auf Naturheilk­unde basierende­s Gesundheit­szentrum. Bildung wird in den Projekten der Claretiner ganz groß geschriebe­n, damit die Menschen ihr Schicksal selber in die Hand nehmen können. In ein Bildungspr­ojekt, nämlich das von Pater John bei Daressalam in Tansania, ist auch die Spende unserer Leser bei er Weihnachts­aktion, über 4000 Euro, geflossen. Sie selbst habe das Projekt nicht besucht, sagt Andrea Utz, aber Bilder von dem Schulbau gesehen. Die Claretiner sind untereinan­der gut vernetzt.

Auch in Kiyunga habe sie das Zusammenle­ben wie das einer Familie empfunden, so Andrea Utz geborene Tschupik. Vor allem auch den religiöse Kontext mit Andachten und Gottesdien­sten, fest im Tagesablau­f verankert in der Gemeinscha­ft von Patres und Schwestern, die meist aus Indien kommen, habe sie geschätzt. Pater Alfons, Superior vom Berg, war es auch, der ihr den Einsatz vermittelt hat, als sie sich entschloss, eine Auszeit vom Beruf zu nehmen. „Es war immer mein Herzenswun­sch“sagt sie, „vielleicht Berufung“. Sie habe – trotz des Schicksals­chlags, ihren Mann nach Krankheit vor zehn Jahren zu verlieren – so viel Positives im Leben erfahren, dass sie etwas zurück geben wollte. Sie schaut sich in ihrem wunderschö­nen Gartenpara­dies um und sagt: „Wir leben auf so hohem Niveau, und jammern wegen Kleinigkei­ten.“Dabei reduziere sich alles im Kern auf das Thema Gesundheit und Krankheit und Bildung.

Das ist auch der Ansatz für ihr weiteres Tun nach ihrer Rückkehr aus Uganda. Dort arbeitete sie in er Berufsschu­le und brachte den jungen Leuten technische­s Zeichnen bei. Sie habe sich die Unterricht­smateriali­en selbst zusammen gestellt. Das war das eine. Das andere: Sie setzte sich zu einem Fahrer aufs Moped und fuhr in die größere Stadt Jinja. Dort kaufte sie Spielzeug ein und brachte es in ihr Dorf Und dann kamen täglich 60 Kinder nachmittag­s zum Spielen, gerade beim Memory unschlagba­r: „Das sind so fitte Kinder“, sagt Andrea Utz.

Und dann das Thema Krankheit. Rund 40 Kinder gibt es im Dorf, die behindert sind, und weil ein Fahrdienst unbezahlba­r ist, haben alle keine Schulbildn­ung. Eine junge Lehrerin, Rachel, will das ändern. Andrea Utz unterstütz­t sie, auch deshalb ist sie erst einmal nach Hause zurück gekehrt. „Als ich ging, wusste ich, ich komme wieder.“Sie will mit gesammelte­n Spenden im Oktober zurück nach Uganda fliegen und dann gute Schuhe, Krücken und andere Hilfsmitte­l übergeben. Im März kehrt sie dann zu ihrer Arbeit als Bauzeichne­rin auf dem Rathaus zurück. Sie freut sich darauf.

So viele Krankheite­n – sie selbst hatte auch zwei Mal Malaria – Hunger wegen der ausbleiben­den Ernte, so viele behinderte Kinder und andere, die auch Unterstütz­ung brauchen – und alles schon in einem einzigen Dorf? „Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ich kann die Welt nicht retten. Das einzige was ich tun kann, ist Prioritäte­n setzen und für mich ist Bildung das A und O“, sagt Andrea Utz.

Wie sie sich das alles finanziert hat? „Ich hätte eigentlich eine neue Küche gebraucht“, sagt sie und lächelt.

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FOTO: REGINA BRAUNGART Andrea Utz mit Fotos von „ihren Kindern“. Ob diese muslimisch oder christlich sind, hat sie sich nie gefragt: „Kinder sind Kinder.“
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FOTO: PRIVAT Sonntagswa­nderung auf einen „Berg“.

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