Konversation von heiter bis wolkig
Wenn Menschen nichts Gescheites mehr zum Reden einfällt, dann haben sie zum Glück immer noch: das Wetter. Denn dieses gibt ununterbrochen Anlass zu intensiver Diskussion. Seit Jahrhunderten sorgt das Wetter zuverlässig dafür, dass die Menschen nicht über Substanzielles reden müssen.
Wenn die Konversation in etwas Gehaltvolles abzugleiten droht, schiebt sich oft eine Schäfchenwolke vor die Sonne oder es fängt an, auf das in „Honey Yellow Metallic“lackierte Autodach zu nieseln. Sofort verfängt sich das Gespräch in diesen Wetterphänomenen und kann weiter dahintröpfeln wie der Eiszapfen im Sonnenschein.
Selbstverständlich ist bereits wissenschaftlich untersucht, warum wir so gerne übers Wetter sprechen. In erster Linie liege es daran, dass das Wetter eine unverfängliche Basis für Gemeinsamkeit lege. Und Gemeinsamkeit sei die Grundlage für Sympathie. Tatsächlich kommt es nur selten vor, dass zwei Leute, die sich gerade von Angesicht zu Angesicht unterhalten, unterschiedliches Wetter haben. Daher gibt es dann übers Wetter auch keine zwei Meinungen und somit auch keinen Streit. Die ersten Wetterberichte, wie wir sie heute kennen, stammen übrigens aus den 1950erJahren. Davor war die Menschheit auf Bauernregeln wie etwa diese angewiesen: „Rennt die Sau mit Schal durch’n Wald, wird der Winter bitterkalt.“
Ob das nun stimmt oder nicht, ist unerheblich. Denn eines ist heute schon sicher: Morgen hat es bestimmt auch wieder ein Wetter. Und damit federleichten Gesprächsstoff in unerschöpflichen Mengen. (nyf )