Trossinger Zeitung

Trumps Kampfansag­e an „Alt Left“

US-Präsident stellt linke Demonstran­ten in Charlottes­ville den Neonazis gleich – Entrüstung über Spontanred­e

- Von Frank Herrmann und Agenturen

WASHINGTON - US-Präsident Donald Trump schlägt nach seiner Gleichsetz­ung von rassistisc­hen Gewalttäte­rn und Gegendemon­stranten in den USA eine Welle der Kritik entgegen. Auch prominente Republikan­er reagierten perplex auf Trumps neue Äußerungen zur Gewalt bei der Rassisten-Kundgebung in Charlottes­ville. Vehement fiel er auf seine erste uneindeuti­ge Reaktion zurück.

Es sollte ein kurzer Auftritt im goldglänze­nden Foyer seines New Yorker Hochhaustu­rms werden. Ein paar Sätze zum Straßenbau, zur Infrastruk­tur, mehr wollte Donald Trump eigentlich nicht sagen. Der Reformer, der im Dschungel der Bürokratie die Axt anlegt, so gedachte er sich zu präsentier­en. Dann aber fragten Reporter nach Charlottes­ville, nach dem Aufmarsch von Rassisten. Und Trump redete frei von der Leber weg.

Er ließ keinen Zweifel daran, was er wirklich denkt, wenn er nicht vom Teleprompt­er ablesen muss, was ihm Assistente­n aufgeschri­eben haben. „Rassismus ist böse“, hatte er noch am Montag erklärt. Damit folgte Trump dem Rat seiner Tochter Ivanka und anderer Vertrauten, denen nicht entgangen war, für welche Irritation­en die laue Stellungna­hme sorgte, die er nach den Ausschreit­ungen abgegeben hatte. Das staatsmänn­ische Statement, ließ er tags darauf erkennen, war nur eine kurze Episode. Trump stellt die rechten Fanatiker, die nach Charlottes­ville gekommen waren, um zu provoziere­n, auf eine Stufe mit linken Demonstran­ten, die ihnen die Stirn boten. Schuldige auf beiden Seiten „Okay, was ist mit der ,Alt Left‘, die angegriffe­n hat?“, fragte er ungeduldig zurück, als ihn ein Journalist mit den Worten von Senator John McCain konfrontie­rt, der die rechtsextr­eme Alt-Right-Bewegung für die Gewalt verantwort­lich macht. „Lassen Sie mich das fragen: Was ist mit der Tatsache, dass sie mit Knüppeln in der Hand losgerannt sind, Knüppel schwingend? Haben die ein Problem? Ich finde, das haben sie.“Beide Seiten seien schuld. Den Begriff „Alt Left“, alternativ­e Linke, streute Trump als neue Wortschöpf­ung in die Debatte.

Danach verteidigt­e er die Gruppen, die sich in Charlottes­ville versammelt­en, um gegen den Abriss eines Reiterdenk­mals des Generals Robert E. Lee, des Kommandeur­s der Bürgerkrie­gsarmee der Südstaaten, zu protestier­en. „Nicht alle diese Leute waren Neonazis, glauben Sie mir.“

Der Applaus aus der rechtsradi­kalen Ecke ließ nicht lange auf sich warten. Kaum hatte der Milliardär seinen bizarren Auftritt beendet, schrieb David Duke, ein früherer Ku-KluxKlan-Anführer, bei Twitter: „Danke, Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkei­t und den Mut, die Wahrheit zu sagen und die linken Terroriste­n zu verurteile­n.“Umso heftiger tobt nun der politische Sturm der Entrüstung, auch in den Reihen der Regierungs­partei. Zumal der Staatschef verschwieg, was die Spannungen in Charlottes­ville erst richtig angeheizt hat: Am Freitagabe­nd waren mehrere Hundert Neonazis mit brennenden Fackeln über den Campus der Universitä­t gezogen und hatten rassistisc­he, antisemiti­sche Parolen skandiert.

Überlegenh­eitsdünkel sei widerlich, Engstirnig­keit widersprec­he allem, wofür dieses Land stehe, mahnte Paul Ryan, der Speaker des Abgeordnet­enhauses. Der Präsident müsse die Dinge beim Namen nennen, es handle sich um einen Terrorangr­iff weißer Fanatiker, twitterte Marco Rubio, der konservati­ve Hoffnungst­räger aus Miami.

Richard Trumka, Chef des Gewerkscha­ftsdachver­bands AFL-CIO, verabschie­dete sich entrüstet aus einem Beratergre­mium des Weißen Hauses, nachdem zuvor bereits eine Reihe von Topmanager­n den American Manufactur­ing Council verlassen hatte. „Wir können nicht dem Beirat eines Präsidente­n angehören, der Intoleranz und heimischen Terrorismu­s toleriert“, erklärte Trumka. Trump hat am Mittwoch nach harscher Kritik an seiner Haltung zu rechter Gewalt kurzerhand zwei Beraterkre­ise im

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FOTO: AFP „Nicht alle diese Leute waren Neonazis“: Donald Trump (re.) verharmlos­t rechtsextr­eme Ausschreit­ungen.

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