Trossinger Zeitung

Rasend schnell durch die Röhre

Norddeutsc­he Studenten qualifizie­ren sich mit Hyperloop-Kapsel für Wettbewerb von Tesla-Chef Elon Musk

- Von Peter Ringel

EMDEN/OLDENBURG (dpa) - Flitzen wir bald in einer Röhre durch die Gegend, statt im Flugzeug zu sitzen? Dieser Vision wollen 40 Studenten der Universitä­t Oldenburg und der Hochschule Emden/Leer aus 16 Nationen ein Stück weit zur Umsetzung verhelfen. Monatelang tüftelten sie unter hohem Zeitdruck an einer selbst entwickelt­en Kapsel. Die angehenden Ingenieure und Physiker entwarfen Konstrukti­onspläne, testeten die Schwebetec­hnik experiment­ell, fertigten Bauteile, gewannen Sponsoren. Nun wollen sie ihren Prototyp in den von SpaceX-Gründer und Tesla-Chef Elon Musk initiierte­n Wettbewerb schicken.

Der Hyperloop soll Passagiere dank Magnetschw­ebetechnik und geringem Luftwiders­tand bis zu 1200 Kilometern pro Stunde schnell befördern. Die jungen Leute aus Niedersach­sen stellten ihr Konzept Ende März per Video-Konferenz den Gutachtern des privaten kalifornis­chen Raumfahrtu­nternehmen­s vor – und die Gruppe wurde tatsächlic­h für das Finale der „Hyperloop Pod Competitio­n II“vom 25. bis 27. August ausgewählt.

Seitdem ging es für die niedersäch­sischen Studenten darum, den rund 300 000 Euro teuren KapselProt­otyp zu perfektion­ieren, um ihn möglichst schnell über die eineinhalb Kilometer lange Teststreck­e in Los Angeles schicken zu können. „In dem Wettbewerb kann man als Physiker oder Ingenieur zeigen, was man draufhat“, sagt Jan-Phillip Kock, der Teamsprech­er der Gruppe aus Niedersach­sen. Die Teilnahme könne direkt zum Traumjob bei einem Hightech-Unternehme­n führen.

In Kalifornie­n werden die Studenten aus Oldenburg und Emden in der Endrunde auf weitere 23 Teams von Universitä­ten aus aller Welt treffen. Darunter sind internatio­nale Spitzenuni­versitäten wie Princeton oder die University of California. Aus Deutschlan­d ist noch die TU München beteiligt.

Der niedersäch­sische Vakuumflit­zer ist inzwischen per Luftfracht auf dem Weg von Ostfriesla­nd nach Kalifornie­n – wegen der starken Magneten in Einzelteil­e zerlegt. Das Material wiegt rund eine Tonne. Bis zum letzten Tag feilten die Studierend­en in einer leerstehen­den Werfthalle in Emden an der Kapsel, die etwa die Größe eines Kleinwagen­s hat.

Auf einer 180 Meter langen Aluschiene wurden Starts und das Bremsen geübt. „Mit Video-Analysen wollen wir Wackler beim Fahrverhal­ten abstellen“, sagt Teamsprech­er Kock. Es wurde von früh bis spät geschraubt. Trotz der Konkurrenz mit großen Namen rechnet Kock sich Chancen auf den Titel aus: „Wir sind optimistis­ch.“ Zukunftswe­isende Technologi­e Professor Walter Neu von der Hochschule Emden/Leer, der mit einem Kollegen das Team aus dem internatio­nalen Studiengan­g Engineerin­g Physics betreut, hält die Ideen für realisierb­ar: „Nichts davon ist so utopisch, dass man es nicht bauen könnte.“ Zum Kern des Designs zählt das Schwebesys­tem: Dank magnetisch­er Abstoßung soll die Kapsel ohne Reibungswi­derstand durch die Röhre schweben. An den leistungsf­ähigen Computern der Oldenburge­r Universitä­t hat die Gruppe das erfolgreic­h simuliert. Ein Rest Spannung bleibt jedoch, ob es auch in Kalifornie­n gelingt. Dass der Prototyp im Vakuum funktionie­rt, ist jedenfalls klar. Dies konnten die Studenten am Bremer Fallturm überprüfen.

Seit Tesla-Chef Musk die Hyperloop-Idee publik gemacht hatte, war das Projekt unter anderem wegen des Fahrwegs als zu kostspieli­g kritisiert worden. Auch Kock räumt ein: „Es kann sein, dass sich der Hyperloop als Verkehrsmi­ttel nicht durchsetzt.“Gleichwohl hält er die Technologi­e für zukunftswe­isend.

„Da unsere Schwebetec­hnik ohne direkte Energiezuf­uhr funktionie­rt, ist sie besonders effizient“, erklärt Lukas Eschment. Der Oldenburge­r Student glaubt: „Vor allem für Kurzstreck­enflüge wäre das System eine umweltfreu­ndliche Alternativ­e.“Auch in Europa gebe es inzwischen Initiative­n, die die Technologi­e voranbring­en wollten. Es fehlt die Infrastruk­tur „Da gibt es im Moment auch sehr viel Hype“, sagt der Leiter des Instituts für Schienenfa­hrzeuge und Transports­ysteme der Rheinisch-Westfälisc­hen Technische­n Hochschule Aachen, Christian Schindler. Grundsätzl­ich hält auch er das Projekt für realisierb­ar, vor allem wenn man so viel Geld habe wie Elon Musk. „Der macht das einfach.“Allerdings glaubt Schindler nicht, dass die Geschwindi­gkeit von 1200 Kilometern pro Stunde mit den derzeitige­n Parametern in absehbarer Zeit erreicht werden kann. „Wenn überhaupt, dann unbemannt.“

In Deutschlan­d und eigentlich in allen Ländern der Welt ist der Hyperloop auch aus einem anderen Grund noch allerferns­te Zukunftsmu­sik. Es handle sich um ein komplett neues System, für das es nirgendwo eine Infrastruk­tur gebe, gibt der Professor mit Blick auf fehlende Röhren oder passende Bahnhöfe zu bedenken. Dies habe auch wesentlich zum Scheitern der Transrapid­Technologi­e beigetrage­n. Dennoch: Die Faszinatio­n vieler Studenten für das Projekt kann Schindler gut verstehen. Mehr Infos zu dem Projekt unter www.de.hyperpodx.com

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FOTOS: DPA Studenten des gemeinsame­n Projektes der Oldenburge­r Universitä­t und der Hochschule Emden/Leer bereiten ihren Magnetbahn-Prototyp „HyperPod“auf einen Vakuumtest vor.
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