„Sofort auflösen werden wir uns nicht“
Die Sprecher der BI Gölten über die neuen Wohnbau-Pläne, Parkplätze und Kommunalpolitik
TROSSINGEN - Nachdem die Trossinger Wohnbau vor den Sommerferien die Pläne für „Wohnen am Stadtgarten“im Gebiet Gölten auf Protest der Anwohner stark geändert hat, ist es ruhig um das große Wohnprojekt geworden. Für die von den Anwohnern gegründete Bürgerinitiative hat sich die Sache aber noch längst nicht erledigt. SZ-Redakteurin Larissa Schütz hat sich mit den drei Sprechern Ulrike Milde, Herbert Goebel und Yannic Ositschan darüber unterhalten, wie es nach der Sommerpause weitergeht. Die wichtigste Frage zuerst: Sind nach den Änderungen nun alle Anwohner mit den Plänen für „Wohnen am Stadtgarten“zufrieden? Herbert Goebel: Da gibt es ein Problem: Wir konnten sie leider noch nicht alle fragen. Deshalb möchten wir auch nochmal eine Info-Veranstaltung organisieren. Da derzeit viele im Urlaub sind, wird das aber wohl erst im Herbst passieren. Ulrike Milde: Wichtig finde ich, dass die Anwohner eine Vorstellung davon bekommen, wie das Projekt im richtigen Maßstab tatsächlich aussehen wird. Yannic Ositschan: Auch die Trossinger, die nicht auf Gölten wohnen, wollen wir übrigens zur Infoveranstaltung einladen und dazu, sich über den neuen Bebauungsplan zu informieren. Goebel: Wie der in der Sitzung durchgepeitscht wurde, liegt mir auf der Seele. Einerseits sagt eine Gemeinderätin, dass wir dringend Wohnraum in Trossingen brauchen, andererseits weiß Herr Sacher (Geschäftsführer der Wohnbau, Anmerkung d. Red.) nicht, ob er alle Wohneinheiten verkaufen kann und baut deshalb nicht alle Häuser auf einmal. Milde: Stimmt, das ist wirklich ein Widerspruch, den ich nicht nachvollziehen kann. Das heißt, die Bürgerinitiative Gölten hat ihre Schuldigkeit noch nicht getan? Goebel: Wir warten ab, bis der Bebauungsplan offengelegt wird und dann wäre es gut, wenn der Bürgermeister in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnbau bei der Info-Veranstaltung die neuen Pläne erläutert. Die Anwohner sollen dann beschließen, ob sie das in Ordnung finden - danach richtet es sich, ob die BI weiter besteht oder nicht. Milde: Sofort auflösen werden wir uns aber nicht. Ositschan: Wir werden beobachten, ob auch tatsächlich so gebaut wird, wie die Wohnbau es jetzt angekündigt hat. Zumal noch einige Pläne optional sind - die zweite Tiefgarage beispielsweise. Goebel: Genau. Und dann stehen noch einige mündliche Dinge im Raum, etwa, was die Bäume entlang des Ginsterwegs betrifft. Werden sie in Ruhe gelassen, beschnitten oder ganz gefällt? Wir möchten auf jeden Fall Präsenz zeigen. Matthias Sacher hat in der vergangenen Gemeinderatssitzung gesagt, noch weiter könnten die Pläne nicht zusammengeschrumpft werden. Denken Sie, die Wohnbau würde nochmal den Rotstift ansetzen, wenn die jetzigen Pläne den Anwohnern nicht gefallen? Goebel: Rotstift ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Aber gerade Dinge wie die zweite Tiefgarage sind ja noch nicht in Stein gemeißelt. Zumal viele Göltener gesagt haben, sie würden gerne einen Stellplatz anmieten. Gibt es aber insgesamt nur 96 Parkplätze im Rahmen von „Wohnen am Stadtgarten“, reichen sie nur für die dortigen Mieter. Ositschan: Unser Parkplatzproblem ist ja dadurch sowieso nur bedingt gebannt. Herbert Goebel sieht die Verkehrssituation weiter als Problem. Zehn neue Stellplätze sollen ja aber im Einfahrtsbereich entstehen. Goebel: Das ist eine vernünftige Idee, aber sie löst unser Parkproblem nicht. Was auch überhaupt nicht mehr im Gemeinderat zur Sprache kam, ist der Kreisverkehr, den zwei, dreimal pro Woche jemand zuparkt. Ositschan: Oder sie parken mit allen vier Reifen auf dem Gehweg. Aber stimmt: Keiner weiß, ob es dort jetzt ein Verbot geben soll, wo die Autos sonst parken sollen oder ob Strafzettel verstärkt verteilt werden. Können Sie sich vorstellen, dass die Bürgerinitiative über das Wohnbau-Projekt hinaus bestehen bleibt und sich des Verkehrsthemas auf Gölten annimmt? Ositschan: Denkbar finde ich das schon. Goebel: Es würden nicht mehr alle mitmachen, die jetzt dabei sind. Was es vielleicht geben könnte, wäre eine Interessenvertretung, die auf Missstände hinweist. Die BI hat auch von Trossingern, die nicht auf Gölten wohnen, Zuspruch bekommen und Resonanz hervorgerufen. Warum, glauben Sie, ist das Thema so interessant für alle Bürger? Goebel: Ich denke, es hat etwas damit zu tun, dass Gölten früher ein sozialer Brennpunkt war. Inzwischen ist Ruhe eingekehrt und die Leute sehen es als normales Wohngebiet. Milde: Einige Trossinger wohnen zwar nicht in Gölten, besitzen dort aber Wohnungen, die sie vermieten. Goebel: Von einem dieser Vermieter habe ich folgende Rückmeldung bekommen: Er sagte, die BI solle hart bleiben. Ositschan: Viele Trossinger haben auch Freunde in Gölten und kennen das Problem, keinen Stellplatz zu finden, wenn sie zu Besuch kommen. Und ich glaube, dass es einige Leute gut fanden, dass wir uns gegen etwas gewehrt haben, was uns nicht gefällt, anstatt es einfach zu schlucken. In Trossingen herrscht ja sonst eher Friede, Freude, Eierkuchen. Goebel: Was ich aber wirklich bemerkenswert finde, ist, dass viele Gemeinderäte gesagt haben, durch die BI sei etwas bewegt worden und sie müssten beim nächsten Projekt dieser Art besser hingucken. Sie waren da teilweise ziemlich selbstkritisch. Allerdings hörte es sich auch so an, als ob manche Räte einfach JaSager sind, die sich vorher wenig Gedanken machen. Kann man sagen, das Geschehen um das Wohnbau-Projekt hat sie dazu gebracht, kommunalpolitisch genauer hinzuschauen? Goebel: Ich habe mich zum ersten Mal intensiv mit Kommunalpolitik befasst und der Eindruck, den ich bekommen habe .... nehmen Sie doch nur mal die beiden Räte, die in der Sitzung für befangen erklärt wurden (Hilmar Fleischer, FDP, und Jürgen Vosseler, CDU, Anm. d. Red.). Da hat sich die Mehrheit enthalten und der Rest entschieden - das ist doch kein eindeutiges Ergebnis. Ositschan: Und dann ist da die Tatsache, dass die beiden Räte erst in dieser Sitzung plötzlich befangen waren, vorher nie. Ich sehe Kommunalpolitik inzwischen mit anderen Augen. Viel kritischer, aber auch interessierter. Ich habe mir sogar durch den Kopf gehen lassen, mich irgendwann mal selbst als Gemeinderat aufstellen zu lassen.
„Was auch überhaupt nicht mehr im Gemeinderat zur Sprache kam, ist der Kreisverkehr.“
„Wohnen am Stadtgarten“hat also politisches Interesse geweckt. Hat es auch die Göltener untereinander enger zusammengeschweißt? Ositschan: Die, die sich in der BI engagieren, auf jeden Fall. Goebel: Mich hat es sehr gefreut, dass bei der Info-Versammlung der Stadt im TG-Heim alle verschiedenen Kreise der Anwohner dabei waren - Deutsche, Russlanddeutsche und alle anderen. Das hat mir gezeigt: Es gibt bei uns gemeinsame Interessen. Milde: Alle haben plötzlich an einem Strang gezogen. Ositschan: Es gibt in Gölten einen stillen Zusammenhalt. Auch wenn man sonst nichts miteinander zu tun hat - wenn es drauf ankommt, sind sich alle einig. Schachverein,