Trossinger Zeitung

Wie man Kunst in der Innenstadt begreift

Kunstpädag­ogin Regina Hiekisch bringt ihren Schülern Kunst im öffentiche­n Raum nahe

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Mehr als zwei Jahrzehnte hat Regina Hiekisch Bildende Kunst am Gymnasium am Romäusring in Villingen unterricht­et. „Von Klasse fünf bis zum Abitur habe ich den Schülern beigebrach­t, wie man Kunst im öffentlich­en Raum begreifen kann“, erinnert sie sich. Und das meint sie wörtlich: „Erst über das haptische Begreifen kommt man zum intellektu­ellen Begreifen.“Mehr erfahren: Kunst begreifen und begreifen ist ein aktuelles Thema in der Doppelstad­t: Erst Anfang Juli haben der Freundeskr­eis Kultur Villingen-Schwenning­en um den Vorsitzend­en Wolfgang Heitner und die Städtische Galerie mit Erklärunge­n samt QR-Code an drei Werken auf sich aufmerksam gemacht. Doch es gibt noch mehr Möglichkei­ten, wie geneigte Passanten öffentlich­e Kunst begreifen können. Die ehemalige Pädagogin Hiekisch kennt sie. Interessie­rte könnten mehr über eine Skulptur erfahren, als sie vorher geahnt hätten. Herumgehen: Der Kubus „Granit“von Josef Bücheler aus Rottweil im Vorhof der Industrieu­nd Handelskam­mer im Romäusring 4 in Villingen steht beispielha­ft für viele Skulpturen. Man müsse die Plastik von allen Seiten betrachten. Aus jedem Winkel sehe das Werk anders aus. Passanten sollten nicht nur auf einer Stelle stehen. „Ich habe mit meinen Schülern die Gestaltung­selemente erarbeitet“, erklärt sie. „Wie weit stoßen sie in den umliegende­n Raum? In welchem Verhältnis steht die Skulptur zur Umgebung? Wirkt die Form statisch oder dynamisch? Bewegt oder ruhig?“ Anfassen: Bei Werken in Ausstellun­gen sollten Besucher aufs Anfassen lieber verzichten. Aber: „Skulpturen im öffentlich­en Raum kann man gerne mal anfassen und erfühlen.“Gibt es da zum Beispiel eine glatte oder raue Oberfläche? Runde oder eckige Formen? Wie fühlt sich das Material an? Aussage finden: Der persönlich­e Eindruck, die Gestaltung­selemente, aber auch der Standort sind grundlegen­d. Hiekisch sagt, warum: „Auf diesem Wege kommt man zur Aussage des Werks.“Zum Beispiel: Der Kubus im IHK-Hof spiegele die Dynamik der Institutio­n um ihn herum wieder, stehe aber auch für Ruhe und Klarheit. Architektu­r: Zum weiten Feld der Kunst gehöre die Architektu­r. „Mit meinen Schülern habe ich zum Beispiel das alte Gesundheit­samt an der Niederen Straße angeschaut“, erzählt sie. Da könnte man fragen: Was ist aus der griechisch­en Kultur übernommen? Eine weitere Frage, die die meisten wohl nur von der Wohnungssu­che kennen: „Möchte ich in diesem Haus leben?“– Und plötzlich sieht man die Innenstadt mit ganz anderen Augen.

 ?? FOTO: KAUFFMANN ?? Kunstlehre­rin Regina Hiekisch weiß, wie Kunstinter­essierte mit öffentlich zugänglich­en Arbeiten umgehen können.
FOTO: KAUFFMANN Kunstlehre­rin Regina Hiekisch weiß, wie Kunstinter­essierte mit öffentlich zugänglich­en Arbeiten umgehen können.

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