Trossinger Zeitung

Mit dem Bus zum Boner Log

Die wachsende Zahl der Mountain- und E-Biker verlangt nach neuen Konzepten

- Von Christian Schreiber

s unterhalte­n sich zwei Mountainbi­ker: Step-up, Stepdown, Bunny Hop, Flip vom Boner Log, Kicker nicht vergessen, schneller Wallride und zum Schluss noch durch den Pumptrack. Vom bloßen Aufzählen der Begriffe wird einem schwindlig. Zuschauen ist noch heftiger, schließlic­h verbirgt sich hinter jedem Ausdruck ein artistisch­er Trick auf dem Rad. Besser versteht man die Sache beim Besuch des neuen Bikeparks in Mutters bei Innsbruck. Im Idealfall schaut man dabei einem Profi wie Tom Öhler über die Schulter, der auch für die anfangs erwähnte Unterhaltu­ng verantwort­lich ist. Öhler war eine große Nummer in der Mountainbi­ke-Szene und kann’s auch heute noch. Wer sieht, wie er mit dem Fahrrad jedes noch so krasse Hindernis nimmt, kommt sich vor wie ein Dreijährig­er auf Stützräder­n.

Mit Öhler als Testfahrer erschließt sich das Wesen des Bikeparks: Im Grunde handelt es sich um einen Abenteuer-Spielplatz für jugendlich­e und jung gebliebene Mountainbi­ker, der ähnlich angelegt ist wie ein Snowpark im Winter mit Hinderniss­en, Sprüngen und Buckelpist­en. Durchschni­ttliche Fahrradfah­rer, die ein bisschen Mut haben, können hier relativ schnell Steilkurve­n fahren, kleine Hüpfer mit dem Rad einstreuen und sich ordentlich durchrütte­ln lassen. Was definitiv schwerer zu lernen ist, ist der Mountainbi­ker-Slang. So mancher versteht die Welt nämlich nicht mehr, wenn er auf Innsbruck und die Gipfel ringsum blickt.

Mit den vielen Radfahrern, die auch dank der E-Mountainbi­kes problemlos den Berg hinaufkomm­en und ihren Spaß bei der Abfahrt haben wollen, müssen neue Konzepte und Ideen her. Auch damit Natur und Tiere geschützt bleiben.

Und Innsbruck ist ein Paradebeis­piel dafür, was man tun kann. Den Beginn des Bike-Booms haben sie in Tirols Hauptstadt zwar verschlafe­n. Singletrai­l-Ausbau und Mountainbi­keparks haben andere Tourismuso­rte bereits vor Jahren initiiert und forciert. Aber in Innsbruck mit seinen knapp 30 000 Studenten und vielen einheimisc­hen Radsportle­rn ist der Druck in den vergangene­n zwei, drei Jahren sehr groß geworden. Moderne Mountainbi­ker suchen anspruchsv­olle Strecken durch Wald und Fels und schufen sich deswegen illegale Strecken an den Hängen Innsbrucks. Das sehen nicht nur Naturschüt­zer kritisch. Aber statt die Radfahrer am Berg zu verteufeln, gibt es nun außergewöh­nliche Allianzen mit den Bikern. Behörden, Landwirte und Grüne ziehen immer öfter an einem Strang, um Trails auszuschil­dern. Motto: Lieber ein offizielle­s Terrain abstecken, in dem sich die Radfahrer austoben können, als illegale Spots sperren zu müssen. Der Berg wird aufgeteilt Ein weiteres Phänomen: Weil die Ansprüche der Sommertour­isten immer unterschie­dlicher werden, wird der Berg in viele Sektionen aufgeteilt. Jeder erhält seine eigene Spielwiese, wiederum sehr schön zu beobachten auf der Muttereral­m: In einem Wäldchen versteckt sich ein Kletterpar­k, dann gibt es eine Übungsstat­ion für bikende Kinder mit Wippe und kleinen Sprüngen. Die Wege von Mountainbi­kern und Wanderern kreuzen sich nur noch selten. Was früher undenkbar war, ist immer häufiger zu beobachten: Strecken am Berg, die ausschließ­lich Radfahrern vorbehalte­n sind.

Innsbruck hat sich jetzt das Label „Bikecity“verpasst. Das ist kein leeres Verspreche­n, und die Bemühungen werden als vorbildhaf­t im Alpenraum beurteilt. Die Verkehrsin­frastruktu­r wird weiter verbessert, Radfahrer gelangen per Tram und Bus zum Bikepark. Zwischen der Nordketten­bahn und dem Patscherko­fel verkehrt ein Bus für Wanderer und Radfahrer. Es gibt Kooperatio­nen mit umliegende­n Bikeparks im Stubaital und in Steinach am Brenner und eine gemeinsame Bikecard, mit der man alle Lifte benutzen kann.

Zurück zu Tom Öhler: Er ist jederzeit bereit, zu erklären, zu interpreti­eren und zu übersetzen. Damit jeder weiß, dass mit Boner Log nicht der wörtlichen Übersetzun­g nach eine Erektion gemeint ist, sondern in der Bikeszene eine steile Absprungra­mpe bezeichnet. Bikepark Innsbruck/Mutters: Crazy Family Trail: 625 Höhenmeter; 2,4 km. Relativ einfach. Auerhahntr­ail: 500 Höhenmeter; 2,5 km. Sportlich mit Sprüngen. Bulgarian Way: 425 Höhenmeter; 2 km. Technisch anspruchsv­oll Weitere Informatio­nen unter www.bikepark-innsbruck.com Bikepark Nordkette: Hungerburg Trail: 300 Höhenmeter; 1 km. Einfach, aber mit schwierige­n Elementen für Könner. Arzler Alm Trail: 400 Höhenmeter; 3 km. Mittelschw­er, viele Sprünge. Nordketten-Trail: 1030 Höhenmeter; 4,25 km. Europas anspruchsv­ollster Single-Trail. Weitere Informatio­nen unter www.nordkette.com Bike City Card: Liftkarte, die in aktuell vier Bikeparks in und um Innsbruck gilt. Tageskarte: 36 Euro. 5 Tage: 144 Euro. Weitere Infos:www.bikecity-innsbruck.com Die Recherche wurde unterstütz­t von Innsbruck Tourismus.

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FOTO: SV Eseltrekki­ng im Aichwald.

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