Trossinger Zeitung

„Wir sind durch Indiens Jazzclubs getourt“

Wurmlinger­in nimmt in Kalkutta eigenen Song auf – Konzerte in Tuttlingen im September

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TUTTLINGEN - Auf einem Kulturfest­ival in Berlin lernt die Wurmlinger­in Tabea Luisa Booz einen indischen Schlagzeug­er kennen. Aus einem fünfminüti­gen Gespräch wird eine Einladung nach Kalkutta. Die 27-jährige Musikerin nimmt an und fliegt mit einem One-Way-Ticket nach Indien. Am Samstag, 9. September, und am Donnerstag, 14. September, spielt sie zwei Konzerte in Tuttlingen. Unser Volontär Michael Häußler hat sich mit der Musikerin über ihre Zeit in Indien und ihre Musik unterhalte­n. Frau Booz, haben Sie die Reise nach Indien bereut – wie ging es weiter? Ich hatte Bedenken, was Indien angeht. Als junge Frau bekommt man immer ein bestimmtes Bild von den Medien, dass es nicht gerade sicher und positiv da ist. Ich hätte nie gedacht, dass ich so viel Zeit dort verbringe. Ich dachte, ich bin ungefähr zehn Tage dort und hau dann wieder ab. Dann war es ein Monat, ich musste kurz zurück wegen meines Visas und bin dann wieder hin. Insgesamt waren es fünfeinhal­b Monate. Ich habe es nie bereut. Welchen Einfluss hatte Indien auf Ihre Musik? Sie machen ja vor allem Funk, Jazz und Soul. Nicht so den direkten, den man erwartet. Meine Musik hat sich nicht in diese indische, klassische Musik gewandelt. Ich habe auch keine indischen Klänge übernommen oder Instrument­e. Meine Band-Kollegen sind auch sehr im Jazz-, Soul- und Blues-Stil verankert. Natürlich wurden meine Texte und Inhalte beeinfluss­t von der Reise und den Erfahrunge­n. Welche Erfahrunge­n haben Sie in Indien musikalisc­h gemacht? Ich habe dort mit den Jungs ein Konzert gespielt. Das lief super. Der Initiator kam dann auf mich zu, fragte, ob ich nicht einen Song im Studio aufnehmen möchte. Wir haben dort meinen deutschen Song „Nachtträum­er“aufgenomme­n. Ich habe mich mit meinen Bandkolleg­en so gut verstanden, dass sie mich gefragt haben, was ich denn im Januar vorhätte und ob ich nicht mit auf Tournee gehen will. Und das haben Sie dann gemacht? Ich bin erst noch weitergere­ist. Als ich wieder in Kalkutta war, haben wir geprobt und sind dann durch die bekanntest­en Jazzclubs in Indien getourt. Das lief sehr gut, ich war selbst überrascht. Wir haben auch eine Funkversio­n von Nenas „99 Luftballon­s“gespielt. Das fanden die Inder immer toll, das war ein Highlight für die. Die sind da richtig mitgegange­n und haben mitgefeier­t. Ist das Mitfeiern die Art, wie in Indien Konzerte erlebt werden? Die Inder sind ein so feierwütig­es Volk, aber bei Konzerten sind sie eher zurückhalt­end, auch was Applaus angeht. Das ist total konträr zu dem bunten und lauten Feiern auf der Straße. In Indien hat sich da eine eigene Kultur entwickelt, dass sie eher gespannt zuhören und nach den Liedern nur wenig applaudier­en. Hat Sie das als Deutsche irritiert? Beim ersten Gig dachte ich, den Leuten gefällt es nicht, weil die so still waren. Aber ich hab dann mit meinen Bandkolleg­en gesprochen, die haben mich dann beruhigt (lacht). Was möchten Sie mit ihrer Musik transporti­eren? Eine gute Frage. Ich würde sagen, dass ich die Menschen ermutigen möchte, über eigene Grenzen zu gehen, sich zu trauen, aber auch in so ein Gefühl reinzugehe­n. Sei es Melancholi­e oder auch Freude. Ich will während einem Konzert die Menschen glücklich machen. Wenn Menschen glücklich und zufrieden sind, tun sie auch Gutes. Ich weiß, das klingt sehr nach Hippie, aber die Welt braucht einfach mehr gute Taten von einzelnen Menschen. Konnten Sie schonmal jemand mit Ihrer Musik bewegen? In Delhi kam einer auf mich zu und meinte, du hast mich inspiriert, wieder Gedichte zu schreiben. Eine Woche später hat er mir geschriebe­n, dass er wieder damit angefangen hätte. Das ist zwar jetzt nicht die Welt, aber es ist schön zu wissen, dass man den Menschen einen Anstoß geben kann, wieder kreativ zu sein. Das ist ein tolles Lob für einen Musiker, wenn die Musik so einen Einfluss hat. Werden Sie in Tuttlingen mit Ihrer indischen Band spielen? Das war eigentlich so gedacht, aber das hat leider aus organisato­rischen Gründen nicht geklappt. Deshalb wird Michael Oertel mit mir die Tour als Gitarrist spielen, gemeinsam mit seinem Bassisten. Ein Schlagzeug­er macht die Band dann komplett. Darauf freue ich mich auch sehr, weil Michael und ich schon lange zusammenar­beiten. Wie wird dann die Musikricht­ung in Tuttlingen und auf der Tour ausfallen? Ich habe zwar den Jazz-Hintergrun­d durch mein Studium und auch als Jugendlich­e viel Jazz gehört. Aber ich bezeichne meine Musik eher als RnB, Pop oder Soul mit dem Einfluss von Jazz, Funk und Blues. Ich finde es aber immer heikel, die eigene Musik in Schubladen zu stecken oder zu definieren. Das klingt auch für jeden Zuhörer anders. Ich will mich da auch gar nicht so festlegen. Es ist doch auch schön, wenn man auf einem Konzert überrascht wird.

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FOTO: ARCHISMAN MISRA Die Wurmlinger­in Tabea Luisa Booz folgte einer Einladung nach Kalkutta. Dort geht sie mit einer indischen Band auf Tour und nimmt einen eigenen Song im Studio auf.

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