Sag zum Gokart leise Servus
Der neue Mini Countryman ist kräftig gewachsen – Was die Insassen freut, verschlechtert das typische Fahrverhalten
Da lachen ja die Hühner! Das soll noch ein richtiger Mini sein? Dieser neue, auf der Streckbank auf eine Länge von 4,30 Metern gezogene Countryman? Wahre Fans und Traditionalisten mögen sich jetzt mit Grausen wenden. Nüchternere Naturen hingegen könnten zu Recht einwenden: Endlich ein Mini, der auch als Familienund Reisekutsche taugt – da pfeifen wir doch auf das legendäre GokartFeeling, für das die Marke gerühmt wird und das tatsächlich ein wenig unter die Räder gekommen ist. Aber erzählen wir besser der Reihe nach.
Die zweite Generation des Countryman, die seit diesem Frühjahr über unsere Straßen rollt, ist gewachsen, sehr kräftig gewachsen sogar: Den Vorgänger, der sich weltweit immerhin mehr als 540 000-mal verkauft hat, überragt sie nun um rund 20 Zentimeter in der Länge, drei Zentimeter in der Breite sowie 7,5 Zentimeter beim Radstand. Ein kleiner SUV ist der Countryman jetzt also wirklich nicht mehr, nachdem die Ingenieure ihn in die nächste Klasse, ins Premium-Kompaktsegment versetzt haben. Dort rückt er nun unter anderem dem Audi Q3 und dem BMW X1 aufs Blech.
Praktiker jedenfalls dürfen an dieser Stelle getrost jubilieren. Platz bietet der neue Countryman jetzt nämlich in Hülle und Fülle. Selbst zwei Erwachsene im Fond – man sitze und staune – reisen ab sofort überaus bequem. Dass sich das Kofferraumvolumen (450 bis 1390 Liter) um maximal 220 Liter erhöht hat, nehmen wir bei unserer Reise quer durch die Republik ebenso erfreut zur Kenntnis wie die Variabilität der kompletten Rückbank: Die hinteren Sitzplätze lassen sich um bis zu 13 Zentimeter in Längsrichtung verschieben, die Lehne ist nicht nur im Verhältnis 40:20:40 umklappbar, sondern kann überdies in der Neigung verstellt werden. Das erquickt – im Zusammenspiel mit dem doppelten Kofferraumboden – das Herz des Lademeisters, der das komplette Gepäck der Familie problemlos verstauen kann. Gar nicht so schlecht die Sache mit der Streckbank.
Wenn nur die hohen Erwartungen an das Fahrverhalten nicht wären. Zugegeben: Der Fünftürer liegt satt auf der Straße, ist ausreichend straff gefedert, die Lenkung arbeitet – insbesondere im Sportmodus – erfreulich direkt, die Gangwechsel funktionieren sportlich-knackig, der 150-PSDieselmotor im getesteten Cooper D lässt beim Anzug nichts zu wünschen übrig. Und doch mag sich dieses typische Mini-Fahrgefühl insbesondere in Kurven nicht so recht einstellen. Gokart, wir erinnern uns noch ganz genau daran, geht irgendwie anders, rasanter, unmittelbarer wie auf Schienen. Wahrscheinlich wuchtet der Countryman einfach ein paar Pfunde zu viel auf die Waage. Von der Länge ganz zu schweigen. Schade eigentlich.
Optisch hingegen sind die MiniGene – blenden wir die 4,30 Meter mal großzügig aus – sowohl außen als auch innen zum Glück nicht zu verkennen. Die senkrecht stehenden Heckleuchten, die großen Scheinwerfer, die kurzen Überhänge, die wuchtigen Radkästen und der hexagonale Kühlergrill verleihen dem aufgebockten Kompakten zudem ein Gesicht, das das Straßenbild bereichert und Blicke auf sich zieht. Gut gemacht, werte Designer!
Ein Lob, das wir auch den Machern des Innenraums zollen. Meist wertig in der Anmutung, praktisch bei der Bedienung und überaus übersichtlich geht’s hier zu. Das kreisrunde Zentralinstrument, das längst nicht mehr den Tacho, sondern Infotainment und Navigation beherbergt, verfügt neuerdings über eine Touchscreen-Funktion, die das Handling vereinfacht. Dass nahezu jeder Winkel der Passagierkabine – gegen gutes Geld – individuell mit Lämpchen, hinterleuchteten Dekorleisten und verschiedenen Interieuroberflächen umgestaltet werden kann, ist zwar nicht neu, aber nach wie vor reizvoll.
Leichte Bedenken löst hingegen die Konnektivität im Countryman aus: Mithilfe der Mini-ConnectedApp finden der Rechner des Autos und das Smartphone des Besitzers spielend leicht zueinander und pflegen einen munteren Datenaustausch. So informiert das System beispielsweise anhand von Kalendereinträgen und unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage über die optimale Abfahrtszeit, um ja nicht zu spät zum Termin zu kommen. Eine feine Sache – wenn der Fahrer sich nicht daran stört, dass im Gegenzug Bewegungs- und Nutzungsprofile von ihm erstellt werden. Ein bisschen Big Brother auf dem Beifahrersitz also. Aber die Verwendung ist ja freiwillig.
Auch ansonsten ist der Countryman technisch auf der Höhe der Zeit: Helferlein – von der Rückfahrkamera bis zur aktiven Geschwindigkeitsregelung – versehen treu und brav ihren Dienst. Vermisst haben wir allerdings den Totwinkelassistenten, der in dieser Preisklasse eigentlich Standard sein sollte. Und dass das Headup-Display auf eine aus dem Armaturenbrett fahrende kleine Scheibe projiziert wird, passt eigentlich auch nicht so recht ins Premiumimage.
Sie erwarten noch ein klärendes Wort zum neu entwickelten Motor? Zum Diesel? Zum Stickoxid? Zu eventuellen Fahrverboten? Sagen wir mal so: Wir wissen, dass wir nicht wissen. Der Hersteller jedenfalls teilt auf Anfrage dazu mit, dass „alle erhältlichen Mini Modelle die derzeit gesetzlich vorgeschriebene Abgasnorm Euro 6b erfüllen“. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) könnte das momentan wohl nicht zu einer Kaufempfehlung verleiten.