So viel Tatendrang wie eh und je
In einer Woche könnte die DFB-Elf schon für die WM qualifiziert sein – Löw lobt Kollegen
HANNOVER (SID/dpa) - Sein Kapitän ist verschnupft, sein Top-Angreifer gefrustet und sein Regisseur von der Rolle – doch Bundestrainer Joachim Löw zeigt sich zum Auftakt der WM-Saison völlig entspannt. Die Irritationen Manuel Neuers, der Ärger von Thomas Müller oder die Formschwäche von Mesut Özil – für den Bundestrainer ebenso Luxusprobleme wie die Qual der Personalauswahl.
Vor den beiden WM-Qualifikationsspielen in Prag gegen Tschechien am Freitag und am kommenden Montag in Stuttgart gegen Norwegen (jeweils 20.45 Uhr/RTL) hat Löw das große Ganze im Blick. „Es steht ein wichtiges Jahr vor uns, da ist der Beginn sehr wichtig. Wir können uns frühzeitig für die WM qualifizieren, das ist unser Ziel, beide Spiele zu gewinnen. So werden wir in diese Woche gehen“, sagte der gut gelaunte Bundestrainer am Montag am Rande der DFB-Trainertagung in Hannover. Frühzeitig heißt: Im Optimalfall sind die Weltmeister schon am Montagabend qualifiziert für die Mission Titelverteidigung in Russland.
57 Tage nach dem Triumph beim Confed Cup zeigte sich Löw gut erholt – und voller Tatendrang. „Wir haben eine gute Auswahl an Spielern getroffen“, sagte Löw über sein 24köpfiges Aufgebot, dem 17 ConfedCup-Sieger angehören. Kapitän Neuer ist nicht dabei. Löw hielt das Risiko, den nach monatelanger Verletzungspause erst am Samstag zurückgekehrten Stammtorhüter schon zu nominieren, für zu hoch. Neuer konnte da nur bedingt folgen. Die Entscheidung sei zwar „logisch“, befand der Münchner, aber „nicht unbedingt nur die Entscheidung von mir“gewesen.
Insgesamt müsse laut Löw jeder Spieler, egal welche Verdienste er habe, „seine Leistung bringen und kontinuierlich bestätigen“, sagte Löw, der „derzeit bis zu 40 Spieler“für 23 WM-Kader-Plätze im Auge hat. Der Konkurrenzkampf sei „vielleicht so groß wie nie. Das ist dieses Jahr die Headline. Ich hoffe, dass ich dann bei der WM die Qual der Wahl habe.“
Ansonsten lobte Löw nach dem ersten Treffern dieser Art seit vier Jahren, bei dem zwar Bayerns Carlo Ancelotti und Dortmunds Peter Bosz fehlten, aber immerhin zehn Bundesligatrainer teilnahmen, seine Kollegen. „Wir können uns bei allen Trainern in der Bundesliga nur bedanken, in den Vereinen mit ihren Nachwuchsleistungszentren wird hervorragende Arbeit geleistet“, sagte er. Beim Confed Cup und der U21EM sei deutlich geworden, dass die Spieler durchweg hervorragend ausgebildet seien, „sie zeichnen sich aus durch Flexibilität und Persönlichkeit“. Kein Verständnis für Fanproteste Wenig Verständnis zeigte Löw dagegen für die heftigen Fanproteste gegen den DFB. „Wenn dem DFB auf Plakaten der Krieg erklärt wird, dann geht das weit am Ziel vorbei. Solche Begriffe haben im Fußball nichts verloren. Das geht gar nicht“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“: „Ich halte es für bedenklich, was alles vor der Tür des DFB abgeladen wird.“
DFB-Präsident Reinhard Grindel hatte zuletzt einen großen Schritt auf die Ultras zugemacht und angekündigt, die Kollektivstrafen vorerst abzuschaffen. Löw: „Ich fürchte, dass es einer bestimmten Gruppe eher darum geht, Krawall zu machen. Sie missbrauchen die Bühne des Fußballs“. Die Gewalt in den Stadien bezeichnete er als „Gefahr für den Fußball“.