Sprecherin
Immer wenn es ernst ist, kommt Ri Chun-hee. Mit revolutionärem Pathos verkündet die Chefsprecherin des nordkoreanischen Staatsfernsehens KCTV Parteibeschlüsse und Bomben- oder Raketentests. So auch am Sonntag, als der „Taifun im Studio“mit bebender Stimme den „perfekten Erfolg“der gezündeten Wasserstoffbombe zelebrierte. „Ein bedeutsamer Schritt zur Vollendung unseres Atomprogrammes“, trompetete Ri mit weit aufgerissenen Augen.
Jeder Nordkoreaner weiß, wenn Ri Chun-hee auf dem Bildschirm erscheint, ist Hinschauen Bürgerpflicht. „Tante Ri“, wie sie sich im Volksmund gern titulieren lässt, ist seit 1971 Gesicht und Stimme der Pjöngjanger Diktatur. Bei epochalen Großereignissen sitzt sie im Fernsehen vor dem Bild eines schneebedeckten und mit Wasser gefluteten Vulkankraters oder eines Kiefernwaldes. Stets in der Nationaltracht Hanbok gekleidet, fast immer in rosa, was ihr Markenzeichen ist und ihr in Südkorea den Spottnamen „Pink Lady“eingebracht hat.
Aber auch wenn Trauriges zu verkünden ist, geht das nicht ohne Ri. Das Ableben zweier „Großer Führer“beweinte sie vor laufender Kamera. Von Schluchzern durchgerüttelt, vermittelte die Nachrichtenfrau 1994 den Tod des Staatsgründers Kim Il-sung. Auch als dessen Sohn Kim Jong-il 17 Jahre später das Zeitliche segnete, überbrachte die Chefansagerin mit zitternder Stimme die Todesnachricht. Voll in ihrem Element ist Ri, wenn es gegen den Klassenfeind geht, egal ob er aus Japan oder Amerika kommt. Dann benutzt sie voller Abscheu Kraftausdrücke. Für die USA ist „Bastarde“ihre Standardvokabel. Den Ex-Präsidenten Barack Obama nannte sie „schwarzer Affe“.
Die weit über 70-Jährige ist gar keine Journalistin. Wie sie einmal einem chinesischen TV-Sender verriet, studierte Ri an der Kim-Il-Sung-Universität von Pjöngjang Schauspiel, was ihre große Theatralik im TVStudio erklärt. Angela Köhler