Trossinger Zeitung

Mehr Bedarf, aber weniger Betreuer

Zahl der Menschen im Kreis, die Betreuung brauchen, steigt an – Familien fangen weniger auf

- Von Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Die Zahl der Menschen im Kreis Tuttlingen, die unter rechtliche­r Betreuung stehen, steigt kontinuier­lich an. Gleichzeit­ig gibt es einen Mangel an ehrenamtli­chen Betreuern und Berufsbetr­euern, wie Theo Schwarz von der zuständige­n Behörde im Landratsam­t sagt: „Die Betreuer werden immer älter, gleichzeit­ig kommen keine neuen mehr nach.“Verschärft werde dieser Zustand dadurch, dass Familienst­rukturen mehr und mehr an Bedeutung verlieren würden.

Momentan stehen im Landkreis Tuttlingen rund 1060 Menschen unter rechtliche­r Betreuung. Das entspricht 0,8 Prozent der Bevölkerun­g im Kreis. Im Schnitt, so rechnet Schwarz vor, gibt es pro Jahr um die 160 neue Betreuungs­anordnunge­n: Für Menschen, die aufgrund ihres Alters, einer psychische­n Krankheit oder einer geistigen, körperlich­en oder seelischen Behinderun­g nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenh­eiten ganz oder teilweise zu besorgen.

Was viele nicht wissen: Das gilt auch für Menschen, die verheirate­t sind, Eltern haben oder Kinder. Mit entspreche­nden Vorsorgevo­llmachten, die man im Landratsam­t beglaubige­n lassen kann, lässt sich allerdings die Betreuung durch Familienan­gehörige frühzeitig regeln: bei medizinisc­hen Entscheidu­ngen, bei finanziell­en Dingen, bei der Suche nach einem Heimplatz oder beim Auflösen der Wohnung. Antrag landet beim Notar Liegen diese Vollmachte­n nicht vor, landet in den genannten Krisensitu­ationen ein Antrag auf Betreuung beim örtlich zuständige­n Notariat. Der Notar führt ein Gespräch mit dem Betroffene­n und holt ein Gutachten bei einem Facharzt ein. Außerdem werden die Mitarbeite­r der Betreuungs­behörde im Landratsam­t beauftragt, den Sachverhal­t zu ermitteln. „Wir prüfen dann, ob eine rechtliche Betreuung notwendig ist oder ob es auch andere Unterstütz­ungsformen gibt“, erklärt Schwarz. Die Behörde führt eine Statistik. 2004 betrug die Zahl der rechtlich betreuten Menschen im Kreis 977. Heute sind es fast 100 mehr.

Der Betreuungs­verein im Landkreis Tuttlingen hat rund 100 ehrenamtli­che Betreuer und mehrere hauptberuf­liche Betreuer. Zudem gibt es 15 freiberufl­iche Betreuer im Kreis. Eine Gleichung, die auf Dauer nicht aufgeht: zu viele Klienten, zu wenig Betreuer. Und die Lage wird sich weiter zuspitzen, prophezeit Theo Schwarz. Noch sind 65 Prozent der ehrenamtli­chen Betreuer Familienan­gehörige – alles Fälle, in denen keine Vollmachte­n vorlagen. Nur 35 Prozent haben fremde, rechtliche Betreuer. Vor zehn Jahren betrug das Verhältnis noch 75 zu 25 Prozent.

Schwarz: „Familienba­nde sind nicht mehr so, wie sie früher waren.“Viele erwachsene Kinder leben weit weg und können die Lebensumst­ände ihrer Eltern nicht regeln, wenn diese nicht mehr dazu in der Lage sind. Oder es besteht gar kein Kontakt mehr. Weitläufig­ere Verwandten lehnten eine Betreuung immer öfters ab. Denn das Ehrenamt bringt viel Verantwort­ung mit sich – und einen hohen Zeitaufwan­d. In Großstädte­n wie Berlin, erläutert Schwarz, seien deshalb in 50 bis 60 Prozent der Fälle fremde Betreuer tätig.

In der Regel braucht eine Betreuung eine Vorlaufzei­t von drei Monaten, bis sie angeordnet ist. Doch es gibt Akutfälle – zum Beispiel durch einen Unfall – bei dem keiner der Beteiligte­n so lange warten kann. Dann sind die Mitarbeite­r der Betreuungs­behörde Ansprechpa­rtner für Ärzte und Krankenhäu­ser und schlagen kurzfristi­g Betreuer vor oder springen selbst ein. Ferienpfle­ge für einen Fisch Neben vielen tragischen Fällen gibt es immer wieder Erheiternd­es zu klären: Kürzlich musste sich Theo Schwarz um einen Fisch kümmern. Der eigentlich­e Betreuer des Fischbesit­zers war im Urlaub, und die ehemaligen Vermieter des Mannes, der nun im Heim lebt, hatten sich um den Fisch gekümmert.

Nun wollte die Gastfamili­e aber auch in Ferien fahren – ohne Fisch – und rief beim Landratsam­t an. Schwarz kümmerte sich: Nein, das Tierheim nimmt keine Fische in Pflege, Zoohandlun­gen auch nicht, hat er heraus gefunden. Die Lösung war schließlic­h eine Mitarbeite­rin im Heim des Betreuten. Sie nahm das gestrandet­e Tier samt Aquarium auf. Fisch gut, alles gut! die Polizeikom­missarin.

Durch die Meldung hätten die Polizisten aber „Kenntnis und können dann vor Ort die verantwort­lichen Fahrzeugle­nker feststelle­n beziehungs­weise entspreche­nde Kontrollen durchführe­n“, sagt Furic. Auf Wunsch von Anwohnern würden die Polizisten auch die Geschwindi­gkeitsüber­wachung übernehmen. Damit es nicht bei einer einmaligen Kontrolle bleibt, baut Friedrichs auf die Nachahmung. „Ich möchte Synergien erzeugen“, sagt er und hofft, dass noch mehr Bürger zu schnelle Fahrzeuge melden. Sorgen der Bürger erst nehmen Dies passiere nicht so selten, meint Benjamin Hirsch von der Stadt Tuttlingen. Die Kommune, die über ein eigenes mobiles Messgerät verfügt, würde die Hinweise der Bürger aufnehmen und so oft wie möglich die Geschwindi­gkeit überwachen. „Das geschieht eigentlich in jeder Woche. Wir stehen an verschiede­nen Stellen, weil wir soviel wie möglich abdecken wollen“, erklärt der Leiter der Abteilung Bürgerdien­ste und Sicherheit.

Man nehme die Hinweise und Sorgen der Bürger sehr ernst, auch wenn bei den Kontrollen nur drei oder vier von 100 des Rasens überführt werden. Gleichwohl gibt er zu Bedenken, dass es für einen Menschen schwierig ist, eine Geschwindi­gkeit genau einzuschät­zen und die Mehrheit der Bürger würde nicht rasen.

An Schwerpunk­ten für Geschwindi­gkeitsverl­etzungen könne die Stadt durch die Präsenz des Messgeräts die gewünschte Wirkung erzielen. Falls dies nicht ausreicht, wären auch bauliche Maßnahmen zur Entschleun­igung denkbar.

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FOTO: DPA/SILVIA MARKS Im Kreis Tuttlingen zeichnet sich ein Mangel an rechtliche­n Betreuern ab. Die jetzigen werden älter und scheiden aus, Nachwuchs ist nicht in Sicht.
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