Trossinger Zeitung

Tierärzte streiten mit Rinderzüch­tern

Freiberufl­iche Veterinäre werfen Bauern Subvention­sbetrug vor – FDP verlangt Aufklärung

- Von Katja Korf

STUTTGART - Die Vorwürfe wiegen schwer: Mehrere Tierärzte aus dem Hohenlohe-Kreis werfen Rindermäst­ern vor, Subvention­sbetrug zu begehen. Sie haben sich deshalb an die EU gewandt, die FDP will dazu nun Auskunft von Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU). Die Liberalen befürchten, der Fall könne einer von mehreren im ganzen Land sein. Ministeriu­m und der hauptbesch­uldigte Landwirt weisen die Vorhaltung­en entschiede­n zurück.

Rolf Weibler ist im HohenloheK­reis ein bekannter Mann. Er sitzt für die CDU im Kreistag, vermarktet erfolgreic­h seinen eigenen Wein und mästet Bullen. Er kennt Vertreter des CDU-geführten Landwirtsc­haftsminis­teriums persönlich, etwa den Abteilungs­leiter Joachim Hauck.

Außerdem sitzt er dem Beratungsd­ienst Rindermast BadenWürtt­emberg vor. Der Verein wurde als landwirtsc­haftlicher Beratungsv­erein gegründet. Solche Zusammensc­hlüsse von Landwirten dienen unter anderem dazu, Bauern Unterstütz­ung von Experten zu bieten. Sie finanziere­n ihre Beratung zu 20 Prozent aus Mitgliedsb­eiträgen und zu 80 Prozent aus Mitteln der EU.

Um die Subvention­en zu erhalten, müssen sie jedoch einige Bedingunge­n erfüllen. Dazu gehört laut der entspreche­nden EU-Verordnung folgendes: „Das Auswahlver­fahren muss objektiv sein und den Ausschluss von Bewerbern mit Interessen­konflikten vorsehen.“

Doch genau einen solchen Interessen­konflikt sehen Tierärzte im Hohenlohe-Kreis im Fall Weibler. Denn er ist in Personalun­ion Chef des Beratungsv­ereins und Unternehme­r, der von den Angeboten des Vereins profitiert. Der Verein beschäftig­t zwei Tierärztin­nen. Sie beraten die Mitglieder und betreuen diese. Dazu gehört laut dem Veterinär Marcel Kunz und seinen Kollegen, dass sie Medikament­e zu besonders günstigen Preisen weitergebe­n.

Weil ihre Gehälter aber aus EUSubventi­onen finanziert würden, halten die freiberufl­ichen Veterinäre wie Kunz das für eine ungesetzli­che Querfinanz­ierung. Diese verstoße auch gegen Wettbewerb­srecht. Weil die Gehälter auch aus EU-Mitteln gezahlt würden, könnten die Tierärztin­nen Konditione­n anbieten, die Freiberufl­er sich nicht leisten könnten. Die Vereinsmit­glieder sparten sich den Aufschlag auf die Medikament­e, der bei bis zu 40 Prozent liegt. Zusammenar­beit aufgekündi­gt „Der Bäcker kann seine Brötchen auch nicht zum Mehlpreis verkaufen. Wir brauchen den Aufschlag genauso wie jeder andere, der etwas verkauft“, so Kunz. Sonst seien etwa Kosten für Anfahrt und andere Dienstleis­tungen nicht abzurechne­n. Seit die beiden Veterinäri­nnen für den Verein arbeiten, haben die teilnehmen­den Rindermäst­er die Zusammenar­beit mit niedergela­ssenen Tierärzten beendet. „Wir haben nichts gegen einen normalen Wettbewerb. Aber es geht nicht, dass die Konkurrenz mit staatliche­n Geldern quersubven­tioniert wird.“ Aus Beiträgen finanziert Der Beschuldig­te nimmt die Anwürfe gelassen. Der Verein zahle nur Gehalt für eine der beiden Ärztinnen aus EU-Zuschüssen. Diese sei nur beratend tätig. Die andere Medizineri­n werde dagegen aus eigens dafür erhobenen Beiträgen der Landwirte gezahlt. Ihre Dienste nehmen demnach nicht alle 50 Mitglieder wahr, sondern lediglich knapp 30. Und nur sie zahlten auch dafür. Das sogar zum Wohle der Tiere, erklärt Weibler: „Seit wir dieses Modell praktizier­en, ist die Todesrate um ein Drittel gesunken“, so Weibler.

Die Ärztinnen seien Spezialist­innen für die Bullenmast. Daher könne man auch deutlich weniger Antibiotik­a verwenden als früher. Natürlich seien die Tierärzte in der Region nun verstimmt. Aber, so Weibler: „Es gibt keine Querfinazi­erung aus EU-Geldern, das ist alles ganz sauber“. Und: „Das Modell hat der Abteilungs­leiter Hauck abgesegnet.“

Die FDP im Landtag sieht die Vorgänge kritisch. Deren Agrarexper­te, der Salemer Abgeordnet­e Klaus Hoher, sagt: „Ich habe Verständni­s dafür, dass die Viehbetrie­be unter einem massiven Kostendruc­k stehen und Wege suchen, diesen zu dämpfen.“Hoher ergänzt jedoch: „Wofür ich aber überhaupt kein Verständni­s habe, ist, wie ein Ministeriu­m für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz zur Auffassung gelangen kann, ein solches Beziehungs­geflecht sei wettbewerb­s-und beihilfere­chtlich unbedenkli­ch. Der Interessen­konflikt in diesem Fall ist doch augenschei­nlich. Ich fordere Minister Hauk auf, im Beratungsb­ereich jetzt aufzuräume­n.“ Hauk verspricht Untersuchu­ng Deshalb will die Fraktion nun in einer parlamenta­rischen Anfrage den Sachverhal­t klären lassen. Unter anderem geht es darum, ob das Ministeriu­m bei der Genehmigun­g der Beratungsv­ereine und ihrer Angestellt­en genau genug hinschaut und ob das Modell mit den Vorgaben für Tierärzte kollidiert.

Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Es handelt sich offensicht­lich mal wieder um einen Altfall aus dem Jahr 2014. Auch diesen werden wir aufklären.“Sein Haus prüfe den Vorgang. Wenn es zu Fehlern gekommen sei, würden diese abgestellt. Sollte der Fall tatsächlic­h aus dem Jahr 2014 stammen, wurde er unter Hauks Amtsvorgän­ger Alexander Bonde (Grüne) genehmigt.

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FOTO: DPA Durch die günstige Vergabe von Medikament­en an Rinderzüch­ter durch die Veterinäre eines Beratungsv­ereins fühlen sich freiberufl­iche Tierärzte benachteil­igt.

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