Balgheimer machen sich selbst ein Bild
Bürger schauen sich mögliche Standorte von Windkraftanlagen in der Gemeinde an
BALGHEIM - Für nicht wenige Balgheimer ist das Ergebnis des Bürgerentscheids am 24.September spannender als der Ausgang der am gleichen Tag laufenden Bundestagswahl. Mit „Ja“oder „Nein“können sie an diesem Sonntag auf die Frage antworten: „Sind Sie gegen die Verpachtung von Flächen in den Distrikten Seitenried und Breite Steig zur Errichtung von Windkraftwerken?“Am Montagabend konnten sich die Balgheimer selber ein Bild machen von den möglichen Standorten der Windkraftanlagen.
Gut 30 Interessierte treffen sich am Rathaus. In Fahrgemeinschaften geht es in das Waldgebiet oberhalb Balgheims, in den Distrikt Seitenried. Windkraftbefürworter und -gegner sind darunter, Bürgermeister Helmut Götz, fünf Gemeinderäte und Frank Holfert von der Firma Enercon, die dort im Abstand von knapp 400 Metern zwei Windkraftanlagen erstellen möchte.
Holfert bringt die Teilnehmer auf den Stand der Dinge: Er nennt die Entfernung der geplanten Standorte zu den umliegenden Gemeinden – es seien „große Abstände, die so in Baden-Württemberg nicht nötig sind“. Der Klippeneck-Flugplatz sei 1500 Meter entfernt, Böttingen rund zwei Kilometer, Balgheim und Spaichingen jeweils 2,5 Kilometer, die Dreifaltigkeitsbergskirche anderthalb Kilometer. Holfert erläutert, dass es sich um Nadelwald handele, Fichten, Tannen, „mit gering ausgebildeter Fauna“. Also eher wenigen Waldbewohnern. Der von Windkraftgegnern allerorten vielfach angeführte Rotmilan jage nicht im Wald, sondern im offenen Gelände. Bürger sind wissbegierig Die Balgheimer Bürger wollen viel wissen von dem Experten. Wie es denn um die Windeffizienz bestellt sei, wenn die Bäume weiter wüchsen, fragt eine Frau. „Die werden nicht mehr viel höher“, antwortet Holfert. Und die Nabenhöhe der Windräder betrage immerhin 159 Meter. Ein Mann will wissen, ob Enercon bereits Windmessungen durchgeführt habe – schließlich fielen für jedes Rad Kosten in Höhe von sechs Millionen Euro an. Nein, bislang existierten nur Abschätzungen, entgegnet Holfert. „Sollte sich die Gemeinde entscheiden, Flächen zu verpachten, wird Enercon Wind messen lassen und einen externen Gutachter beauftragen“, beschreibt er ein denkbares Prozedere. Das Unternehmen wolle klarstellen, ob die Anlage wirtschaftlich betrieben werden könne. „Wir wollen eine genaue Auswertung, ob es Sinn macht, an der Stelle zu investieren.“
Wann die Windräder stehen würden, fragt eine Frau. „In frühestens zwei oder drei Jahren“, sagt Holfert. „Ein klein wenig Vision fehlt mir bei der ganzen Diskussion“, meint einer der Windkraftbefürworter. „Die Wirtschaftlichkeit muss aber auch berücksichtigt werden“, wirft eine Balgheimerin ein. Auch einer der Initiatoren des Bürgerentscheids, Daniel Dreizler, stellt seine Sicht der Dinge dar: „Wir haben immer versucht, sachlich zu sein und mit Argumenten, nicht mit persönlichen Vorwürfen zu operieren.“Baden-Württemberg sei das windschwächste Land der Bundesrepublik, argumentiert er. „Dort, wo er zu wenig weht, bringen Windkraftanlagen nichts.“Er hoffe, dass der Bürgerentscheid „dementsprechend ausfällt“.
Sachlich geht es zu an diesem Abend im Balgheimer Wald. Und „Sachlichkeit“ist ein Wunsch, der immer wieder geäußert wird, wenn sich die Teilnehmer über die laufende Diskussion in ihrer Gemeinde austauschen.