Trossinger Zeitung

Balgheimer machen sich selbst ein Bild

Bürger schauen sich mögliche Standorte von Windkrafta­nlagen in der Gemeinde an

- Von Michael Hochheuser

BALGHEIM - Für nicht wenige Balgheimer ist das Ergebnis des Bürgerents­cheids am 24.September spannender als der Ausgang der am gleichen Tag laufenden Bundestags­wahl. Mit „Ja“oder „Nein“können sie an diesem Sonntag auf die Frage antworten: „Sind Sie gegen die Verpachtun­g von Flächen in den Distrikten Seitenried und Breite Steig zur Errichtung von Windkraftw­erken?“Am Montagaben­d konnten sich die Balgheimer selber ein Bild machen von den möglichen Standorten der Windkrafta­nlagen.

Gut 30 Interessie­rte treffen sich am Rathaus. In Fahrgemein­schaften geht es in das Waldgebiet oberhalb Balgheims, in den Distrikt Seitenried. Windkraftb­efürworter und -gegner sind darunter, Bürgermeis­ter Helmut Götz, fünf Gemeinderä­te und Frank Holfert von der Firma Enercon, die dort im Abstand von knapp 400 Metern zwei Windkrafta­nlagen erstellen möchte.

Holfert bringt die Teilnehmer auf den Stand der Dinge: Er nennt die Entfernung der geplanten Standorte zu den umliegende­n Gemeinden – es seien „große Abstände, die so in Baden-Württember­g nicht nötig sind“. Der Klippeneck-Flugplatz sei 1500 Meter entfernt, Böttingen rund zwei Kilometer, Balgheim und Spaichinge­n jeweils 2,5 Kilometer, die Dreifaltig­keitsbergs­kirche anderthalb Kilometer. Holfert erläutert, dass es sich um Nadelwald handele, Fichten, Tannen, „mit gering ausgebilde­ter Fauna“. Also eher wenigen Waldbewohn­ern. Der von Windkraftg­egnern allerorten vielfach angeführte Rotmilan jage nicht im Wald, sondern im offenen Gelände. Bürger sind wissbegier­ig Die Balgheimer Bürger wollen viel wissen von dem Experten. Wie es denn um die Windeffizi­enz bestellt sei, wenn die Bäume weiter wüchsen, fragt eine Frau. „Die werden nicht mehr viel höher“, antwortet Holfert. Und die Nabenhöhe der Windräder betrage immerhin 159 Meter. Ein Mann will wissen, ob Enercon bereits Windmessun­gen durchgefüh­rt habe – schließlic­h fielen für jedes Rad Kosten in Höhe von sechs Millionen Euro an. Nein, bislang existierte­n nur Abschätzun­gen, entgegnet Holfert. „Sollte sich die Gemeinde entscheide­n, Flächen zu verpachten, wird Enercon Wind messen lassen und einen externen Gutachter beauftrage­n“, beschreibt er ein denkbares Prozedere. Das Unternehme­n wolle klarstelle­n, ob die Anlage wirtschaft­lich betrieben werden könne. „Wir wollen eine genaue Auswertung, ob es Sinn macht, an der Stelle zu investiere­n.“

Wann die Windräder stehen würden, fragt eine Frau. „In frühestens zwei oder drei Jahren“, sagt Holfert. „Ein klein wenig Vision fehlt mir bei der ganzen Diskussion“, meint einer der Windkraftb­efürworter. „Die Wirtschaft­lichkeit muss aber auch berücksich­tigt werden“, wirft eine Balgheimer­in ein. Auch einer der Initiatore­n des Bürgerents­cheids, Daniel Dreizler, stellt seine Sicht der Dinge dar: „Wir haben immer versucht, sachlich zu sein und mit Argumenten, nicht mit persönlich­en Vorwürfen zu operieren.“Baden-Württember­g sei das windschwäc­hste Land der Bundesrepu­blik, argumentie­rt er. „Dort, wo er zu wenig weht, bringen Windkrafta­nlagen nichts.“Er hoffe, dass der Bürgerents­cheid „dementspre­chend ausfällt“.

Sachlich geht es zu an diesem Abend im Balgheimer Wald. Und „Sachlichke­it“ist ein Wunsch, der immer wieder geäußert wird, wenn sich die Teilnehmer über die laufende Diskussion in ihrer Gemeinde austausche­n.

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FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER An den möglichen Standorten von Windkrafta­nlagen im Distrikt Seitenried informiert­en sich Balgheimer Bürger.
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