Thyssen Krupp: Sorge um produktive Arbeitsplätze
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann kritisiert Bestandsschutz in unproduktiveren britischen Werken
FRANKFURT - An diesem Freitag wollen sie sich Luft machen. IG Metall und Konzernbetriebsrat von Thyssen Krupp haben für heute zu einer Demonstration und GroßKundgebung aufgerufen. Um 9 Uhr soll es am Tor Süd des Werks Bochum losgehen. „Wir wollen Zukunft – für jede Kollegin und jeden Kollegen, an allen Standorten, in allen Unternehmensbereichen“, heißt es in dem Aufruf. „Wir sind als Arbeitnehmervertreter und auch als IG Metall extrem verärgert“, sagte Jörg Hofmann, der Erste Vorsitzende der IG Metall, über die Pläne von Thyssen Krupp und indischem Tata-Konzern, die jeweiligen Stahlsparten zusammenzulegen. Insgesamt sollen dabei bis zu 4000 Arbeitsplätze wegfallen.
Hofmann befürchtet, das werde an der auch ökonomisch falschen Stelle geschehen. Welchen Sinn habe eine Restrukturierung, fragte er im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten, „die offensichtlich dazu führt, dass weniger produktive Werke über Tarifverträge in Großbritannien gesichert sind, die hochproduktiven Werke sowohl von Tata wie von Thyssen in den Niederlanden und in Deutschland nun die Restrukturierungslast weitgehend wohl zu tragen haben“. Im Zentrum steht etwa die Tata-Stahlhütte im britischen Port Talbot. Weil die Pensionszusagen den Tata-Konzern so belasteten, musste er dem Pensionsfonds der britischen Stahlarbeiter das Werk zu einem Drittel übertragen. Zum Geschäft gehörte, dass der Pensionsfonds schlechtere Konditionen für die Pensionen akzeptierte, er aber andererseits Standortgarantien bis zum Jahr 2021 durchsetzte. Varga: „Kein Kahlschlag“Der Stahlspezialist des Bankhauses Metzler, David Varga, bestätigt zwar, dass die deutschen Hütten von Thyssen Krupp und die niederländischen von Tata „vergleichbar gut“seien und sieht die Schwächen bei den britischen Werken. Von den 4000 abzubauenden Stellen soll etwa die Hälfte auf Thyssen Krupp entfallen. Zunächst würden etwa tausend Arbeitsplätze in den Bereichen Verwaltung, Forschung sowie in den Service Centern gestrichen und nach 2020 stünden bis zu weitere tausend in der Produktion zur Disposition.
Um diese tausend Stellen scheint es dem IG Metall-Chef Hofmann zu gehen. Die könnten wegfallen, während in den britischen Werken der Bestandsschutz in unproduktiveren Werken noch ein Jahr länger währt. „Die nächsten Wochen und Monate muss Thyssen klarstellen: Wo liegen aus ihrer Sicht die Vorteile?“, verlangte Hofmann.
„Das ist nicht schön“, sagt Analyst Varga zu Stellenstreichungen in Deutschland, „aber auch kein Kahlschlag.“Thyssen Krupp beschäftigt derzeit rund 27 000 Mitarbeiter. Gewerkschaft und Betriebsrat fühlen sich bisher nicht informiert, haben den Eindruck, es werde „über unsere Köpfe hinweg“entschieden, heißt es im Aufruf zur Groß-Kundgebung. Und Klarheit, und zwar „über alle Handlungsmöglichkeiten“.