Trossinger Zeitung

„Ich hätte erwartet, dass Sie sich entschuldi­gen“

Anton Stier kritisiert seinen Frittlinge­r Amtsnachfo­lger, Bürgermeis­ter Martin Leo Maier

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FRITTLINGE­N (sz) - Anton Stier, von 1974 bis 2014 Bürgermeis­ter der Gemeinde Frittlinge­n, hat sich in einem offenen Brief an seinen Amtsnachfo­lger Martin Leo Maier gewandt, der Ende 2017 sein Amt niederlegt. Darin kritisiert Stier Maier und seine Stellungna­hme in unserer Zeitung, „Martin Leo Maier verabschie­det sich“(Ausgabe vom 19. September), scharf:

„Als evangelisc­her Prädikant (Prediger)“, so schreibt Stier an die Adresse von Maier, „kennen sie das Bibelwort: ,Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.’ Das Landratsam­t hat zum Ende meiner Amtszeit die Gemeindeve­rwaltung geprüft und festgestel­lt: Die Verwaltung habe wirtschaft­lich und sparsam gearbeitet. Vorhaben seien gewissenha­ft und zügig durchgefüh­rt worden. Die Haushaltsg­rundsätze wurden voll umfänglich eingehalte­n.’ Wird die Prüfung Ihrer einjährige­n Amtszeit ebenfalls so gut ausfallen?

Zum Amtswechse­l wurde von Bürgern, dem Landratsam­t, von Kollegen und von ihnen selbst bestätigt, dass Frittlinge­n schuldenfr­ei sei, die Verwaltung gut organisier­t und ein gut bestelltes Haus hinterlass­en worden ist. Frittlinge­n hatte sehr gute Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, die kompetent, fleißig und engagiert sich für die Gemeinde einbrachte­n. Man konnte sich gegenseiti­g vertrauen und sich aufeinande­r verlassen. Heute noch sichtbare Erfolge beweisen dies.

Vor wenigen Tagen erhielt die Gemeinde den ersten Preis beim Leuchtturm­wettbewerb des Staatsanze­igers für die Integratio­n; die Veranstalt­ung ,Miteinande­r’ wurde seit 1997 regelmäßig durchgefüh­rt. Vor dem Amtswechse­l wurde die Gemeinde beim Ideenwettb­ewerb Elektromob­ilität im ländlichen Raum ausgezeich­net und erhielt einen Förderbesc­heid. Es gab ein Grobkonzep­t für die Nutzung eines Elektroaut­os. Der Förderbesc­heid und Sponsoreng­elder wurden von Ihnen zurückgege­ben. Ein Schaden für die Gemeinde, zumal jetzt dieses Auto angeschaff­t wurde. „Gemeindera­t hat Brücken gebaut“Der Gemeindera­t hat Ihnen Brücken gebaut, um Ihnen den Einstieg in die Verwaltung zu erleichter­n. Zusätzlich­es Personal wurde beschlosse­n. Ein externer Berater wurde Ihnen zur Seite gestellt. Um die von Ihnen verursacht­e Vertrauens­krise auf dem Rathaus zu entschärfe­n wurde ein Beratungsb­üro beauftragt. Landratsam­t, Gemeindera­t Umlandbürg­ermeister und ich haben Ihnen Unterstütz­ung zugesagt.

Doch Hilfe haben Sie nicht angenommen. Als Sie nach einem Jahr Amtszeit das von Ihnen verursacht­e Chaos nicht mehr im Griff hatten, wäre eine offene Aussprache mit dem Gemeindera­t und der Rechtsaufs­ichtsbehör­de angesagt gewesen, um Lösungen für Sie selber und die Gemeinde zu suchen, statt den Kopf in den Sand zu stecken und sich krank zu melden. Sie hätten sich und der Gemeinde viel Ärger und Geld gespart.

Beim Amtsantrit­t haben Sie sich verpflicht­et, ,Schaden von der Gemeinde abzuwenden’. Außer den regelmäßig­en Krankmeldu­ngen war Funkstille. In 40 Jahren gab es regelmäßig Bürgervers­ammlungen, um Verwaltung­shandlunge­n nachvollzi­ehbar zu machen. Transparen­t wäre, wenn sie den geschlosse­nen Vergleich mit dem Landratsam­t veröffentl­ichen oder zumindest die Zustimmung zur Veröffentl­ichung geben würden, statt in einer wahrheitsw­idrigen Stellungna­hme das eigene Ego zu befriedige­n und die Leser zu täuschen.

Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie sich entschuldi­gen: bei der Bevölkerun­g für die Täuschung bei der Wahl und für die verursacht­en Kosten, beim Bürgermeis­terstellve­rtreter für sein Engagement, das er für Sie erbringen musste; beim Gemeindera­t für die Geduld und dass während Ihrer Anwesenhei­t Projekte nicht weitergefü­hrt wurden; beim Personal, das – mit den jahrzehnte­lang gewohnten, von ihnen kritisiert­en Arbeitsabl­äufen – für sie die Kohlen aus dem Feuer geholt hat

Da sich solche Fälle häufen und die Aufsichtsb­ehörden offensicht­lich nicht in der Lage sind, nach § 128 GemO ,Bürgermeis­ter aus dem Amt zu entfernen, die den Anforderun­gen des Amtes nicht gerecht werden’, müssen Regelungen gefunden werden, damit Schaden von den Gemeinden und den Steuerzahl­ern abgewendet wird“, so Anton Stier in seinem Schreiben.

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