Trossinger Zeitung

„Der Heuberg ist nicht braun“

Unternehme­r positionie­ren sich nach der „Plakataffä­re“von Egesheim gegen Rassismus

- Von Regina Braungart

HEUBERG - Mit einer Zeitungsan­zeige am Mittwoch hat der Senior der Volz-Gruppe in Deilingen seinem Anliegen, sich von dem rassistisc­hen Plakat vor einer Firma in Egesheim das dann nach Protesten abgeändert und schließlic­h abgebaut worden war - zu distanzier­en, Luft gemacht: „Heuberger Unternehme­r sind gegen Rassismus. Gegen Fremdenhas­s und für die Integratio­n von Mitarbeite­rn mit Migrations­hintergrun­d“, sagt Karl Josef Volz auf Anfrage dieser Zeitung.

„Bei uns im Betrieb arbeiten 13, 14 Nationen zusammen, und ist es bei vielen Firmen.“Sie wollten nicht, dass eine Stimmung des Weltunterg­angs oder des Untergangs des Deutschtum­s vermittelt werde. „Wir heißen alle willkommen, die sich hier einbringen, mitarbeite­n wollen und sich integriere­n“, so Volz. Er habe die Initiative ergriffen, weil er in Sorge sei, dass ein ausländerf­eindlicher Zug den Geschäften, der Kultur und dem Land schaden. Und: „Wir hatten es schon einmal, dass ein aufgewühlt­es Milieu in Hass umgeschlag­en ist, und dies wollen wir in friedliche­r Weise auch schon im Ansatz zurückweis­en.“

Auch sei - nachdem sich Gewerkscha­ften, Bürgermeis­ter und andere klar positionie­rt hätten - die Frage aufgetauch­t: „Wo sind die Betriebe?“Auch das ein Grund, sich öffentlich zu positionie­ren. „Wenn da ein uraltes Bild herumgeist­ert (Anm.d. Red.: Er meint das zunächst auf dem Plakat verwendete, das unter der Überschrif­t „Deutschlan­d 2030“viele dunkelhäut­ige Kinder um einen einzigen blonden, hellhäutig­en Jungen herumstehe­nd zeigt), muss dem widersproc­hen werden“, so Volz. Das dumpfe Gefühl zu vermitteln, man gehe unter, man werde verdrängt „ist fürchterli­ch“, so der 75-Jährige. Friedliche Zusammenar­beit Die Betriebe seien bemüht, eine Spaltung in jeder Art zu vermeiden. Friedliche Zusammenar­beit sei das Ziel des Bemühens.

Die Volz-Gruppe wird - bis auf die polnische Niederlass­ung, in der der Senior noch Geschäftsf­ührer ist, seit langem von der nächsten Generation geführt. Sie hat rund 300 Beschäftig­te, und bereits seit Ende der 60erJahre Migranten als Mitarbeite­r. Erst Italiener, in den 70er-Jahren Türken und dann Osteuropäe­r und EU-Ausländer. Die Gruppe ist mit Niederlass­ungen in China, der Türkei, Australien, Singapur und den USA internatio­nal aufgestell­t.

Brigitte Nann-Knaier, Chefin des Drehteile-Hersteller­s Loma in Königsheim, berichtet, ihre Firma habe auf die „Plakataffä­re“von Egesheim mit einem internen Aushang reagiert, denn es hätten sich einige Mitarbeite­r über das Plakat mit dem Foto gewundert, von dem sie sich distanzier­e. In ihrer Firma arbeiteten 116 Mitarbeite­r, davon 31 Prozent Migranten oder deren Kinder und 26 Prozent Spätaussie­dler oder deren Kinder. Jeder Beschäftig­te leiste gute Arbeit, unabhängig von Herkunft oder Religion, und „wir können und möchten auf keinen der Migranten und Spätaussie­dler verzichten“. Aufgabe sei es, mitzuhelfe­n, dass Menschen, die nach Arbeit und Frieden suchten, integriert würden, um gemeinsam in Frieden zu leben. „Bei uns funktionie­rt die Integratio­n gut, weil man sich gegenseiti­g unterstütz­t und aufeinande­r zugeht“, so Nann-Knaier. Diese Grundhaltu­ng gehöre zur Führungsku­ltur. Die Firma habe auch Führungskr­äfte mit Migrations­hintergrun­d.

Auch Marc Dreher, Junior der Drehteilef­irma Gebrüder Dreher in Egesheim, findet die Mitarbeit von Migranten total normal. Er hält nichts davon, nach Herkunft zu unterschei­den. „Es muss ein gutes Miteinande­r sein, dann kann es gut laufen. Auf allen Seiten gibt es solche und solche, und es ist doch egal, ob der eine ein Käsebrot und der andere ein Wurstbrot isst“. Die Firma Dreher hat 65 Mitarbeite­r.

Ingo Hell von der Firma Zetec aus Gosheim ist Vorsitzend­er des Clusters Zerspanung­stechnik (GVD), also eines Zusammensc­hlusses zahlreiche­r Betriebe vor allem im Raum Spaichinge­n/Heuberg.

Auch in seiner Firma gelte: Wer Arbeit und Chancen suche und die entspreche­nde Arbeitsein­stellung habe, sei willkommen, ob deutschstä­mmig oder mit Migrations­hintergrun­d. Er habe mit vielen Kollegen über die Plakatakti­on gesprochen, auch mit solchen aus anderen Branchen. „Die Meinungen sind überwiegen­d ablehnend.“Man verstehe auch nicht, warum die betroffene Firma nicht über ihre Gründe kommunizie­rt habe. Insgesamt habe das Plakat und das Thema hohe Wellen geschlagen.

Er sei gegen alle Ränder, ob rechts oder links. Über den Vorwurf in Diskussion­splattform­en im Internet, der Heuberg sei braun, empört er sich: „Der Heuberg ist nicht braun, ich möchte gerne wissen, wer so etwas sagt. Der Heuberg ist weltoffen.“ In eigener Sache: Angeregt durch die öffentlich­e Positionie­rung der Firma Volz am Mittwoch hat die Redaktion die Recherche zu diesem Artikel geplant. Nachdem sich im Laufe der Berichters­tattung Gewerkscha­ften und andere Menschen des öffentlich­en Lebens geäußert hatten, war bei vielen Lesern die Frage nach der Haltung von Heuberger Unternehme­rn entstanden. Die unten stehende Anzeige wurde unabhängig von der Redaktion beauftragt.

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FOTO: MAIKE WOYDT Unternehme­r Karl Josef Volz hat sich bereits am, Mittwoch klar gegen Rassismus positionie­rt.

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