Trossinger Zeitung

Damit das Kreuz da landet, wo es hin soll

Mit der Blindensch­ablone können Sehbehinde­rte geheim und unabhängig wählen

- Von Lilia Ben Amor

REGION - Gabriele Lenz will am Sonntag wählen gehen. Doch sie sieht weder den Stimmzette­l, noch die Kabine, in der sie ihr Kreuz setzen soll. Die Tuningerin ist blind. Deswegen hat sie vom Sehbehinde­rtenverban­d eine Schablone bekommen, mit der blinde und sehbehinde­rte Menschen geheim und unabhängig wählen können. „Wenn das eine Begleitper­son macht, woher weiß ich, dass sie das Kreuz wirklich dahin setzt, wo ich es will?“

Die Schablone ist ein langer stabiler Karton, den man aufklappen kann. Sie sieht genauso aus, wie der Stimmzette­l, den Lenz bei der Wahl am Sonntag bekommt und einlegen muss. Doch statt Namen und Parteien sind lediglich Nummern in Blindensch­rift und erhabener Druckschri­ft zu sehen. Lenz muss sich nur merken, welche Nummer sie bei der Erst- und welche sie bei der Zweitstimm­e

Gabriele Lenz hat vorher noch nie mit Schablone gewählt. Bisher hat ihr Mann sie immer begleitet und das Kreuz für sie gesetzt, doch das gab oft Ärger. „Die Wahlhelfer haben dann immer gesagt, dass mein Mann nicht mit rein dürfe. Aber sonst hätte ich ja wieder gehen müssen“, erzählt Lenz. Mit der Schablone sollte dieses Problem gelöst sein.

Die Mobilität sei aber weiterhin eine Herausford­erung, sagt die Tuningerin. Denn nicht jeder hat wie sie einen Blindenhun­d und kann ohne Begleitper­son zum Wahllokal gelangen. „Und es muss natürlich jemand helfen, damit ich in die Wahlkabine komme“, ergänzt Lenz. Sobald sie dann aber allein ist, kann sie ihr Kreuz selbststän­dig machen.

Dennoch vermutet sie, dass die meisten die Schablone wegwerfen, gar nicht, oder mit einer Hilfsperso­n wählen gehen. Das bestätigt sich auch bei ihrer Arbeit als Vorsitzend­e der Selbsthilf­egruppe für blinde und sehbehinde­rte Menschen im Landkreis Tuttlingen. Viele würden keinen CD-Player besitzen oder nicht bedienen können. „Es werden sich einige scheuen und denken: Ich brauche so lang in der Kabine und die hinter mir warten“, vermutet Lenz.

Doch der Blindenver­band Südbaden empfiehlt genau das: „Man sollte sich im Wahllokal zeigen und den Wahlhelfer­n signalisie­ren, dass es Hilfsmitte­l gibt und dass sie eingesetzt werden“, sagt Knebel. Gabriele Lenz wird dieses Signal am Sonntag setzen. Das nächste Treffen der Selbsthilf­egruppe von Gabriele Lenz ist am Samstag, 7. Oktober, um 15 Uhr im Hotel „Engel“in Spaichinge­n. Weitere Informatio­nen gibt es bei Gabriele Lenz, unter Telefon: 0162/1883304

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