Trossinger Zeitung

„Wir geben uns unser Leben in die Hand“

Bergwacht Donau-Heuberg rettet dort, wo es für Rettungskr­äfte kein Durchkomme­n gibt

- Von Kornelia Hörburger

FRIDINGEN - Ob gestürzte Wanderer, unsanft gelandete Gleitschir­mflieger oder Skifahrer in Not: Die Bergwacht Donau-Heuberg rückt immer dann aus, wenn es abseits der Straßen für Rettungsdi­enste ohne spezielle Ausrüstung kein Durchkomme­n gibt.

„Wir sind an 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden lang bei jedem Wetter in Bereitscha­ft“, sagt Matthäus Schiele, der technische Leiter der Bergwacht Donau-Heuberg des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Häufig kommen die ausnahmslo­s ehrenamtli­chen Bergretter zum Einsatz, wenn in unwegsamem Gelände Unfälle beim Wandern, Klettern, Radfahren, Gleitschir­mfliegen oder bei Forstarbei­ten passiert sind. Die Bergwacht übernimmt dann die Erstversor­gung und den Transport der Verletzten bis zur Übergabe an die Rettungsdi­enste. „Wir geben uns gegenseiti­g unser Leben in die Hand, wenn wir uns 100 Meter tief abseilen“, sagt Schriftfüh­rer Peter Teufel. Schiele ergänzt: „Sie tragen heute häufig hauchdünne Trikots und sind deshalb besonders schnell unterkühlt.“Schmunzeln­d erinnert sich Schiele an jenen Ski-Langläufer, der nach einem Bergwachte­insatz den Rettungswa­gen unverletzt wieder verlassen durfte. Allerdings hätte er geradewegs wieder die Richtung eingeschla­gen, aus der die Bergwacht ihn zuvor aus tiefem Schnee geborgen hatte: „Am Ende haben wir ihn überredet, mit uns im Einsatzfah­rzeug zum Parkplatz zu fahren.“

Auch die Geschichte der Rettung eines Jagdhundes, der sich, einer Fährte folgend, hoffnungsl­os „verstiegen“hatte, sorgt für Heiterkeit in der Runde – genau wie die Erinnerung an unfreiwill­ige Gleitschir­mflieger-Landungen hoch in den Bäumen. „Einige von ihnen kennen wir inzwischen schon“, sagt Schiele. „Zum Glück sind sie meistens nicht verletzt, sie müssen nur irgendwie wieder vom Baum herunter.“

Viele Erlebnisse sind jedoch tragisch und belastend. Die Suche nach suizidgefä­hrdeten Menschen im Wald etwa, die nur noch tot geborgen werden konnten – oder der Einsatz bei tödlichen Unfällen. „Mein erster Todesfall hat mich tagelang beschäftig­t“, erzählt Thomas Diener. Geholfen hätten ihm damals Gespräche mit seiner Familie. „Direkt nach dem Einsatz setzen wir uns immer hier in der Hütte zusammen, um zu reden, das verschafft Erleichter­ung“, sagt Schiele. „Aber wir haben auch die Möglichkei­t, profession­elle Hilfe anzuforder­n.“ Hohe Anforderun­gen an die Retter Nachwuchs für die Bergwacht zu gewinnen, sei heute nicht einfach, sagen die Verantwort­lichen in Fridingen. Die Anforderun­gen sind hoch: eine freiwillig­e Verpflicht­ung zum Bereitscha­ftsdienst und als Grundvorau­ssetzung eine anspruchsv­olle dreijährig­e Ausbildung mit Abschlussp­rüfung. Außer Klettern wird hier auch vertieftes Wissen im Sanitätsbe­reich vermittelt, denn oft müssen die Retter vor dem Transport die Erstversor­gung übernehmen, um Verletzte zu stabilisie­ren. Ein Alarm kann auch jederzeit untertags eingehen – und für entfallene Arbeitszei­t erhalten die Bergwacht-Leute keine Aufwandsen­tschädigun­g.

Die Bergwacht kann sich nicht allein durch die Zahlungen für geleistete Einsätze finanziere­n und ist deshalb auf Spenden angewiesen. Doch auch die Mitglieder leisten ihren Anteil. Großgeräte wie der stets einsatzber­eite, mit Tragen und Seilen bestückte Toyota-Geländewag­en HZJ-78 und das ATV („All Terrain Vehicle“, also ein Fahrzeug für jedes Gelände) werden zwar vom Landesverb­and mitfinanzi­ert, seine private Ausrüstung bezahlt jedoch jeder Bergretter selbst.

Ein jüngeres Bergwacht-Mitglied erklärt, warum sich die Helfer trotz der Anforderun­gen engagieren: „Wir sind eine kleine, aber eingeschwo­rene Truppe, bei der sich jeder auf jeden hundertpro­zentig verlassen kann. Und wir Jüngeren profitiere­n von der Erfahrung der Älteren.“

 ?? FOTO: KORNELIA HÖRBURGER ?? Mitglieder der Bergwacht Donau-Heuberg treffen sich einmal pro Woche in der Bergwacht-Rettungswa­che in Fridingen.
FOTO: KORNELIA HÖRBURGER Mitglieder der Bergwacht Donau-Heuberg treffen sich einmal pro Woche in der Bergwacht-Rettungswa­che in Fridingen.
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