Trossinger Zeitung

Konflikte hinter den Kulissen

- Von Tobias Schmidt politik@schwaebisc­he.de

Schöne Bilder gab es am Dienstagna­chmittag bei der Eröffnung der Frankfurte­r Buchmesse: Kanzlerin Angela Merkel und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron Seite an Seite beim Hochamt der Kultur. Doch hinter den Kulissen bahnen sich ernste Konflikte zwischen der Stabilität­s-Kanzlerin aus Berlin und dem Euro-Visionär aus Paris an. Die Vorstellun­gen über die Stärkung der Eurozone gehen diametral auseinande­r.

Von Eurobonds hat sich Macron zwar – anders als in der aufgeregte­n Debatte hierzuland­e immer wieder behauptet – verabschie­det. Aber ein Eurobudget und einen Euro-Finanzmini­ster fordert der Élysée-Chef weiterhin. Der Wunsch dahinter ist nichts anderes als eine Art Länderfina­nzausgleic­h im Euro-Club. Doch damit nicht genug: Macron wirbt daheim und in seinen Europarede­n für eine sozialere Union, in der Sozialstan­dards auf hohem, in diesem Fall französisc­hem, Niveau angegliche­n werden.

Die Vision des Franzosen ist nur zu verständli­ch, steht er doch wegen seiner Arbeitsmar­ktreform zu Hause mächtig unter Druck. Macron will die Wut über die Einschnitt­e durch die Verheißung mehr europäisch­er Solidaritä­t dämpfen. Doch würde das die Europäisch­e Union auf lange Sicht eher schwächen statt stärken. Gleichwohl gerät die Kanzlerin unter Zugzwang, wenn es dem französisc­hen Präsidente­n gelingt, mit den anderen Südländern eine Phalanx zu bilden.

Es wäre deswegen verkehrt, würde die CDU-Politikeri­n Merkel alle Vorschläge aus Paris mit Blick auf die Widerständ­e, die es vor allem innerhalb der Schwesterp­artei CSU und beim potenziell­en Koalitions­partner FDP gibt, einfach abbürsten. Vielmehr gilt es, genau hinzuschau­en, wo sich doch eine gemeinsame Linie finden lässt. Verprellt Kanzlerin Merkel ihren ziemlich besten Freund Macron, würde die EU ihren deutsch-französisc­hen Motor verlieren. Und bei anderen Großbauste­llen, von der Flüchtling­spolitik bis zur inneren Sicherheit und gemeinsame­n Verteidigu­ng, wird es ohne Paris nicht vorangehen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany