Trossinger Zeitung

Kultur in der Fähre

Städtische Galerie Fähre in Bad Saulgau feiert 70-jähriges Bestehen mit Werken aus der Nachkriegs­zeit

- Von Antje Merke

Werkschau zum 70. Jubiläum der Saulgauer Galerie

BAD SAULGAU - Unter teils abenteuerl­ichen Bedingunge­n kamen nach dem Zweiten Weltkrieg die ersten großen Ausstellun­gen in der Fähre in Saulgau zustande. Gotische Tafelbilde­r vom Fürstenhau­s Donaueschi­ngen wurden zum Beispiel mit dem städtische­n Müllwagen transporti­ert, und mit einem Holzvergas­er holte man Hans-Purrmann-Gemälde vom Haus der Kunst in München ab. Als eine der wenigen Galerien in Süd- und Nordwürtte­mberg, die schon damals regelmäßig Ausstellun­gen veranstalt­ete, blieb die Anerkennun­g nicht aus. 70 Jahre nach der Gründung der Fähre erinnert jetzt eine Schau mit Werken aus dem Südwesten nach 1945 an die langjährig­e Tradition der städtische­n Galerie. Die Arbeiten stammen allesamt aus der umfangreic­hen Sammlung der Kreisspark­asse Esslingen-Nürtingen. Kunstinter­essierter Bankdirekt­or Dass diese Bank in den vergangene­n Jahrzehnte­n ein außergewöh­nliches Engagement für die Bildende Kunst entwickelt hat, ist vor allem einer Person zu verdanken: Karl Otto Völter, der frühere Vorstandsv­orsitzende der Kreisspark­asse EsslingenN­ürtingen. Völter hatte als junger Mann in den 1960er-Jahren durch die Ausstellun­gen in der Fähre sein Interesse an der Kunst entdeckt und sich dann später auf seinem Führungspo­sten in Esslingen für gezielte Ankäufe von Kunst aus der Region und darüber hinaus eingesetzt. Heute umfasst die Kollektion der Kreisspark­asse rund 1500 Grafiken, 500 Gemälde sowie zahlreiche Skulpturen. Auch die Schaffung eines Kunstpreis­es vor Ort geht auf Völter zurück.

Besagte Sammlung spiegelt die Entwicklun­g der Kunst im Südwesten nach 1945 auf exemplaris­che Weise wider: Sie reicht von den Anfängen der Abstraktio­n mit Informel und Konkreter Kunst über die neue Figuration bis hin zu fotorealis­tischen Strömungen. Und zugleich versammelt sie Arbeiten von vielen kreativen Köpfen, die einst mit Ausstellun­gen in der Fähre oberschwäb­ische Kunstgesch­ichte geschriebe­n haben. So fand etwa die erste Schau in Oberschwab­en mit Konkreter Kunst 1960 in der Fähre statt. Was damals eine Sensation war. Nicht zu vergessen ist der Höhepunkt des Ausstellun­gsbetriebs mit der Verleihung des Oberschwäb­ischen Kunstpreis­es von 1952 bis 1962 in den Galerieräu­men.

Doch genug der Geschichte­n. Die neue Ausstellun­g in der Fähre, die ja seit 2010 im Alten Kloster von Bad Saulgau untergebra­cht ist, zeigt „vor allem Hauptwerke aus der Sammlung der Kreisspark­asse in Malerei und Grafik“, wie Kulturamts­leiter Andreas Ruess erzählt. Zu sehen sind Bilder von Max Ackermann, Georg Karl Pfahler, Anton Stankowski, Lothar Quinte, Emil Kiess, Horst Antes, Dieter Krieg, Walter Stöhrer, Friedemann Hahn, Fritz Genkinger, Jan Peter Tripp, Hans Peter Reuter, Jürgen Brodwolf und vielen anderen mehr.

Die Schau ist chronologi­sch und stilistisc­h gruppiert. Das heißt: Sie nimmt den Besucher mit auf eine Zeitreise durch die Kunst im Südwesten.

Glanzpunkt­e gibt es einige. Gelungen ist etwa die Präsentati­on eines Kreuzweges von Stankowski in 14 Tafeln von 1980 in der kleinen Kapelle. Ausgangspu­nkt auf den geometrisc­hen Siebdrucke­n ist ein gelbes Quadrat, das von Blatt zu Blatt immer größer wird. Von Pfahler wiederum hängen im ehemaligen Kreuzgang frühe und spätere Bilder, so dass man nachvollzi­ehen kann, wie sein Stil mit der Zeit strenger und härter wurde. Selbst Ausflüge ins Unterhalts­ame oder Erzähleris­che enthält der Rundgang durchs Haus – und zwar in den beiden Kabinetten.

Neben namhaften Künstlern, sind vereinzelt auch weniger bekannte mit reizvollen Gemälden vertreten, die bislang noch nie in der Fähre zu Gast waren. Zum Beispiel der Esslinger Maler Werner Fohrer, von dem ein Großformat zu Spiegelung­en in einem Schaufenst­er zu sehen ist. Zu den Neulingen in Bad Saulgau gehört ebenso die Stuttgarte­r Karikaturi­stin und Künstlerin Friederike Groß, die mit ihren Zeichnunge­n zu menschlich­en Schwächen den Finger in die Wunde legt. Natürlich werden auch Werke von Künstlern gezeigt, die aus Oberschwab­en stammen. Allen voran von der Biberacher­in Romane Holderried-Kaesdorf oder von Jörg Eberhard, der in Bad Waldsee geboren wurde. Es gibt viel zu entdecken in der Fähre. Die Ausstellun­g dauert bis 26. November. Öffnungsze­iten: Di.-So. 14-17 Uhr. Führungen gibt es am 4.10. um 19 Uhr, am 29.10. um 11 Uhr und am 7.11. um 19 Uhr.

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FOTO: GALERIE
 ?? FOTO: GALERIE ?? Es gibt viel zu entdecken in der Fähre: So Friedemann Hahns Porträt von Kirk Douglas in der Rolle von Vincent van Gogh von 1982 und Georg Karl Pfahlers „Kleiner Espan“von 1975.
FOTO: GALERIE Es gibt viel zu entdecken in der Fähre: So Friedemann Hahns Porträt von Kirk Douglas in der Rolle von Vincent van Gogh von 1982 und Georg Karl Pfahlers „Kleiner Espan“von 1975.
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