Trossinger Zeitung

Impfkampag­ne soll Cholera in Rohingya-Lagern vorbeugen

In Bangladesc­h gehen Unicef, Weltgesund­heitsorgan­isation und staatliche Stellen gegen drohenden Ausbruch der Seuche vor

- Von Ulrich Mendelin

DHAKA/RAVENSBURG - Eine halbe Million Menschen sind seit Ende August über die Grenze von Birma nach Bangladesc­h geflohen. Die Angehörige­n der muslimisch­en Minderheit der Rohingya leben nun in überfüllte­n, von Regen durchnässt­en Flüchtling­slagern – eine ideale Brutstätte für Cholera-Erreger. Um den Ausbruch der Seuche zu verhindern, ist jetzt eine massive Impfkampag­ne gestartet worden.

„Das ist eine vorbeugend­e Maßnahme, die Leben rettet“, sagt Jean Lieby, Leiter der Kinderschu­tzprogramm­e des UN-Kinderhilf­swerks Unicef in Bangladesc­h, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. 900 000 Dosen Impfstoff wurden für die Aktion von Unicef, Weltgesund­heitsorgan­isation WHO und den Gesundheit­sbehörden von Bangladesc­h beschafft. In zwei Lagern nahe der Grenzstadt Cox’s Bazar, in denen die Geflüchtet­en leben, wurde am Dienstag mit der Verteilung des Präparats begonnen. Nach Angaben von Unicef handelt es sich um die bislang zweitgrößt­e Cholera-Impfkampag­ne der Welt. Demnach werden zunächst alle 650 000 Menschen in den Lagern einmal geimpft. In einer zweiten Runde sollen dann 250 000 Kinder unter fünf Jahren eine zweite Dosis erhalten. Die Helfer beobachten zudem alle Menschen, die an Durchfall erkranken, berichtet Lieby. Das waren nach den Zahlen der Hilfsorgan­isationen allein in der letzten Septemberw­oche fast 5000 Fälle. CholeraErk­rankungen wurden noch nicht festgestel­lt.

Die Rohingya sind aus ihren Siedlungsg­egenden im Nachbarlan­d Birma geflohen. Im August attackiert­en Rohingya-Rebellen birmanisch­e Sicherheit­skräfte, das Militär ging daraufhin mit massiver Gewalt gegen die Minderheit vor. Die Vereinten Nationen sprechen von „ethnischen Säuberunge­n“. Die birmanisch­e Regierung betrachtet die Rohingya als illegale Zuwanderer, die ursprüngli­ch aus Bangladesc­h gekommen seien und denen deswegen keine birmanisch­e Staatsange­hörigkeit zustehe.

Jenseits der Grenze hausen die Flüchtling­e nun unter ärmlichste­n Bedingunge­n. „In Bangladesc­h leben schon länger 150 000 geflüchtet­e Rohingya, nun sind in kürzester Zeit 500 000 weitere hinzugekom­men“, beschreibt Unicef-Mitarbeite­r Lieby die Lage. „Mit Plastikpla­nen und Bambusstöc­ken haben sie sich notdürftig­e Unterkünft­e gebaut.“Bislang sei dort Regenwald gewesen. Nun schlagen Soldaten der bangladesc­hischen Armee erst einmal Pfade durchs Buschwerk frei. Monsun erschwert Hilfe Trinkwasse­r muss per Lastwagen herangekar­rt werden. Unicef unterstütz­t die Behörden zudem bei der Planung von Latrinen – und bei der Frage, wie die Fäkalien entsorgt werden.

Immerhin ebbt der Monsun ab. Bislang haben Tropenstür­me die Bemühungen um hygienisch­e Zustände erschwert. „Seit vier, fünf Tagen ist das Wetter ein bisschen besser“, sagt Lieby. Für die Rohingya ist zumindest das eine gute Nachricht.

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FOTO: ROGER LEMOYNE/OH Schluckimp­fung für alle: So soll ein Ausbruch der Cholera unter den geflüchtet­en Rohingyas verhindert werden.

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