Minimalist
Es war die längste Regierungsbildung in der Geschichte der Niederlande. Nach rund sieben Monaten Verhandlungen hat die neue Mitte-Rechts-Koalition am Dienstag ihr Regierungsprogramm vorgelegt. An der Spitze der neuen Koalition aus der rechtsliberalen VVD, der christdemokratischen CDA, den linksliberalen D66 und der kleinen ChristenUnie steht Mark Rutte. Der neue und alte Premier wird nun in seiner dritten Amtszeit regieren. Obwohl seine rechtsliberale VVD eigentlich die Partei der Besserverdiener ist, ist Rutte für seine Anspruchslosigkeit bekannt. Die Zeitung „NRC Handelsblad“nannte ihn einmal den „am wenigsten materialistischen Politiker seit Gandhi“. Er wohnt in einer kleinen Etagenwohnung in Den Haag, fährt einen alten Saab und besitzt kein Smartphone. Ruttes privater Minimalismus spiegelte sich in der Vergangenheit auch in seiner Politik wider. Gemeinsam mit den Sozialdemokraten setzte Rutte in den vergangenen vier Jahren ein umfangreiches Spar- und Reformpaket durch. Umfang: 16 Milliarden Euro. „Wir verlangen in diesen Krisenzeiten von jedem Opfer“, sagte er 2012. Damit stieß der Premier auf Widerstand. Am Ende straften die Wähler aber vor allem Ruttes Koalitionspartner für Kürzungen und Beitragserhöhungen ab.
Mit dem Sparkurs soll allerdings in der kommenden Legislaturperiode Schluss sein. „Alle Bürger müssen am Aufschwung teilhaben können“, sagte Ministerpräsident Rutte am Dienstag in Den Haag. Im 70-seitigen Koalitionsvertrag werden Steuererleichterungen und Investitionen in Sicherheit, Schulen und Pflegeheime angekündigt. Vor allem der Mittelstand und Familien können demnach wohl mit mehr Geld rechnen. Beobachter erwarten, dass die neue Koalition insgesamt einen konservativeren Kurs einschlagen wird als bisher. Zu den Plänen zählt auch eine strengere Asyl- und Migrationspolitik. (dpa)