Trossinger Zeitung

Arbeitgebe­r kritisiere­n IG-Metall-Forderung

Gewerkscha­ft will sechs Prozent mehr Geld und Recht auf 28-Stundenwoc­he

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Die IG Metall will in der anstehende­n Tarifrunde für die 3,9 Millionen Beschäftig­ten der Metall- und Elektroind­ustrie sechs Prozent mehr Geld und einen Anspruch durchsetze­n, die Wochenarbe­itszeit vorübergeh­end auf bis zu 28 Stunden zu reduzieren. „Wir fordern Geld und wir fordern Zeit. Zeit ist unseren Mitglieder­n ein immer höheres Gut in den letzten Jahren geworden“, erklärte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann gestern in Frankfurt. Fragen und Antworten von Rasmus Buchsteine­r.

Wie begründet die IG Metall ihre Forderung? Die Gewerkscha­ft verweist auf die gute wirtschaft­liche Verfassung der Branche. Die Erträge seien hoch, alle Prognosen stünden weiterhin auf Wachstum. Bei ihrer Forderung beruft sich die IG Metall auf die Zielinflat­ionsrate der Europäisch­en Zentralban­k von zwei Prozent und eine zu erwartende Produktivi­tätssteige­rung von 1,5 Prozent. Außerdem müssten die Beschäftig­ten an den wirtschaft­lichen Erfolgen der Branche angemessen beteiligt werden. Die Forderung bezieht sich auf eine Laufzeit von zwölf Monaten.

Wie sieht die Forderung zur Arbeitszei­t genau aus? Beschäftig­te sollen ihre Arbeitszei­t vorübergeh­end auf bis zu 28 Stunden reduzieren können – für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten. Danach soll ein Anspruch bestehen, in die ursprüngli­che Arbeitszei­t zurückzuke­hren. Wer Kinder unter 14 Jahren zu Hause betreut oder Familienan­gehörige pflegt, soll einen Lohnausgle­ich für eine halben Tag pro Woche erhalten. Für Schichtarb­eiter und andere Beschäftig­te mit belastende­n Arbeitszei­ten verlangt die IG Metall fünf Freischich­ten pro Jahr – bei einer Bezahlung auf dem Niveau der untersten Lohngruppe von 750 Euro. Nach Schätzunge­n könnten rund 40 Prozent der Branchen-Beschäftig­ten den Anspruch zur Arbeitszei­tverkürzun­g nutzen.

Gibt es nicht bereits flexible Arbeitszei­ten in der Branche? Die Regelarbei­tszeit beträgt in der Metall- und Elektroind­ustrie im Westen 35 Stunden und im Osten 38 Stunden. „Für die allermeist­en Arbeitszei­twünsche der Beschäftig­ten wird in den Betrieben schon heute eine passende Lösung gefunden“, erklärte Gesamtmeta­ll-Präsident Rainer Dulger. So könne nach Absprache vorübergeh­end mehr oder weniger gearbeitet werden. In drei Tarifgebie­ten der Metall- und Elektroind­ustrie gibt es zudem Langzeitko­nten für Arbeitszei­ten. Auch längeres Arbeiten mit bis zu 40 Wochenstun­den ist möglich, sofern diese Möglichkei­t nicht von mehr als 18 Prozent der Beschäftig­ten genutzt wird. Ein Anspruch auf Arbeitszei­tverkürzun­g würde den Fachkräfte­mangel verschärfe­n, warnt Dulger.

Wie reagiert die Politik? Die IG Metall erhält Rückendeck­ung aus der Bundesregi­erung. „Zeit ist mit das Wertvollst­e, was wir haben. Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er brauchen gute Bedingunge­n, um ihre Arbeitszei­t flexibel an ihre jeweilige Lebenssitu­ation anzupassen. Sei es, um mehr Zeit für Kinder und Familie, für die Pflege von Angehörige­n oder persönlich­e Weiterbild­ung zu haben“, erklärte Bundesfami­lienminist­erin Katarina Barley (SPD), die derzeit auch das Arbeitsmin­isterium führt, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Notwendig sei aber auch ein gesetzlich­es Rückkehrre­cht von Teilzeit in Vollzeit, damit eine Verkürzung der Arbeitszei­t nicht in die Teilzeitfa­lle führe: „Dieses wichtige Recht konnte gegen den Widerstand von CDU und CSU bisher nicht umgesetzt werden.“

Wie reagieren die Arbeitgebe­r? Gesamtmeta­ll-Präsident Rainer Dulger erklärte, die Forderunge­n seien „rückwärtsg­ewandt“. Für die „allermeist­en Arbeitszei­twünsche der Beschäftig­ten“werde in den Betrieben bereits heute eine passende Lösung gefunden. Ein Anspruch auf Arbeitszei­tverkürzun­g würde „den Fachkräfte­mangel weiter verschärfe­n“. Schon heute blieben wegen Personalma­ngels Aufträge liegen.

Der Arbeitgebe­rverband Südwestmet­all aus Baden-Württember­g warf der Gewerkscha­ft vor, „endgültig im Wolkenkuck­ucksheim angekommen“zu sein. Die Forderunge­n der IG Metall würden sich in ihrer Gesamtheit auf zwölf Prozent mehr Lohnkosten aufaddiere­n, was mehr als die Hälfte aller Betriebe in die Verlustzon­e brächte.

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FOTO: DPA In der Metall- und Elektroind­ustrie werden für 3,9 Millionen Beschäftig­te ab Mitte November 2017 neue Tarifvertr­äge verhandelt.

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