Trossinger Zeitung

Aufgabe mit Ansage

Nick Kyrgios sorgt – wieder mal – für einen Tennis-Eklat

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SCHANGHAI (SID/sz) - Der Bad Boy des Tenniszirk­us hat seinem einschlägi­g lädierten Image wieder einmal Ehre gemacht. Nick Kyrgios schnappte sich seine Tasche, hob noch einmal ironisch den Daumen und ließ nach seiner überrasche­nden Aufgabe ebenso verblüffte wie lautstark protestier­ende Zuschauer zurück. Es war ein weiteres Kapitel in der nicht enden wollenden Geschichte vom hochbegabt­en, aber anscheinen­d lernresist­enten Rüpel aus Down Under.

Seine vorzeitige Platzfluch­t während des Erstrunden­spiels beim ATPMasters in Schanghai gegen Steve Johnson (USA) hatte der beständig verhaltens­auffällige Kyrgios wenige Minuten zuvor angekündig­t. Nachdem er einen Ball ins Publikum gefeuert und auf die folgende Verwarnung mit Schimpftir­aden reagiert hatte, bekam der 22-Jährige vom Stuhlschie­dsrichter einen Strafpunkt. Darauf brüllte der Weltrangli­sten-21. aus Australien: „Wenn ich den Satz verliere, gebe ich auf.“Gesagt, getan. Nach dem 5:7 im Tiebreak des Auftaktdur­chgangs beendete Kyrgios das Match vorzeitig. Angeblich wegen Schulterpr­oblemen, von denen vorher nichts zu sehen gewesen war.

Eine gute Stunde später entschuldi­gte er sich via Twitter und erklärte seine Aufgabe unter anderem mit einem Mageninfek­t und fehlender Kraft. Die Spielerver­einigung ATP leitete ungeachtet dessen Untersuchu­ngen ein. Eine neuerliche Sperre für Wiederholu­ngstäter Kyrgios, dem nicht nur US-Ikone John McEnroe das Potenzial für Grand-Slam-Titel bescheinig­t, scheint unausweich­lich.

Der Kreis schloss sich auf diese unschöne Art und Weise im mondänen Qi Zhong Tennis Center. Vor genau einem Jahr hatte der Sohn eines griechisch­en Malers und einer Computerex­pertin aus Malaysia seine Zweitrunde­npartie an gleicher Stelle gegen Mischa Zverev (Hamburg) quasi abgeschenk­t. Kyrgios wurde daraufhin von der ATP – sie bezeichnet­e sein Verhalten als „inakzeptab­el und respektlos“– für drei Wochen aus dem Verkehr gezogen und musste 16 500 Dollar zahlen. Im Jahr davor war der Davis-Cup-Spieler sogar für einen Monat gesperrt worden, weil er während eines Matches gegen Stan Wawrinka die Freundin des Schweizers als Fremdgänge­rin beschimpft hatte. Erst am vergangene­n Sonntag dann war Kyrgios bei seiner Finalniede­rlage in Peking gegen Rafael Nadal (Spanien) komplett ausgeflipp­t.

Vielleicht kann ausgerechn­et der früher ebenfalls wenig pflegeleic­hte McEnroe das Enfant Terrible zähmen. Der Amerikaner brachte sich jüngst als Coach für Kyrgios ins Gespräch. „Nick ist der talentiert­este Spieler auf der Tour. Wenn mich ein Spieler wie er fragen würde, ob ich ihn trainieren würde, würde ich es tun“, sagte der 58-Jährige. Vielleicht auch, weil die frühere Nummer 1 um Kyrgios’ andere Seite weiß: Der Australier gehört zu den Profis, die die Hilfskampa­gne von Monica Puig unterstütz­en. Die Olympiasie­gerin aus Puerto Rico sammelt Spenden für die Sturmopfer auf der von Hurrikan Maria so sehr verwüstete­n Karibikins­el.

Pro Ass, das er bis zum Jahreende schlägt, will Kyrgios 50 US-Dollar beisteuern – er gehört zu den besten Aufschläge­rn der ATP-Tour.

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FOTO: AFP Sein jäher Abgang provoziert­e: Nick Kyrgios.

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