Trossinger Zeitung

Das haut die stärkste Pumpe um

Ärgernis für Kläranlage­n-Mitarbeite­r: Jede Menge Feuchttüch­er landen im WC

- Von Eva-Maria Huber

VILLINGEN-SCHWENNING­EN - Die vierjährig­e Tochter des KlärwerksZ­uständigen weiß Bescheid: „Papa, die gehören nicht in die Toilette.“Wenn das nur alle wüssten, denn zu oft landen in Villingen-Schwenning­en noch jede Menge Feuchttüch­er in der Toilette.

Klärwerk-Mitarbeite­rn stinkt das gewaltig. Appetitlic­h sieht das nicht gerade aus, was Markus Kutscher, stellvertr­etender Betriebsle­iter des Klärwerks Villingen, aufspießt: Ein grauer faseriger Klumpen, den einer seiner zehn Mitarbeite­r aus einer der insgesamt 150 Pumpen, die sich auf das Bereichs-Gebiet verteilen, gezogen hat. „Für diese Hand-Arbeit gibt es Erschwerni­s-Zuschlag“, erläutert Clemens Mauz, Abteilungs­leiter Wasser und Boden im Stadtbauam­t Villingen-Schwenning­en und damit auch für die Kläranlage in den Niederwies­en zuständig. „Verzopfung­en“nennen Mauz und Kutscher die verdichtet­en Gebilde. Diese verheddern sich an den Pumpen und schaffen es sogar, diese zeitweise lahm zu legen. Aufwendige Ausbau-Aktion Der Grund: Regelmäßig landen Feuchttüch­er in den Toiletten im Stadtgebie­t. Dies gelte auch für das Klärwerk des Abwasserzw­eckverband­es Oberer Neckar, in das das zu klärende Wasser aus VS-Schwenning­en fließt. „Der Verbrauch an Feuchttüch­ern ist drastisch gestiegen.“Mauz zieht ein Päckchen Feuchttüch­er als Beweismitt­el aus der Tasche und deutet auf ein eindeutige­s Zeichen: Die öligen Tücher gehören nicht in die Toiletten, sondern in den Restmüll. „Denn diese Hygieneart­ikel lösen sich im Gegensatz zu Toilettenp­apier nicht auf“, sagt Mauz.

Für Mauz und sein Team hat diese Nachlässig­keit die Folge, dass Betriebs-Mitarbeite­r betroffene Pumpen auseinande­rnehmen und das graue Knäuel herauszieh­en müssen. „Das passiert manchmal sogar zwei bis drei Mal in der Woche“, ärgert sich Kutscher, der seit 20 Jahren im Betrieb arbeitet. „Freilich verteuert das auch unseren Abwasserbe­trieb“, ergänzt Mauz, seit rund drei Jahren bei der Stadtverwa­ltung. Über die Toilettens­pülung entsorgt werden aber auch Putzlumpen, Q-Tips, Slipeinlag­en und Tampons, die sich ebenfalls zu Verzopfung­en verknäulen. Reste für die Ratten Natürlich hört die Liste mit den genannten Tabu-Abfallprod­ukten so schnell nicht auf. „In die Toiletten gehören auch keine Medikament­enreste“, klärt Mauz auf. Denn diese gehören ebenso wie Feuchttüch­er in den Restmüll hinein. Mauz könnte diese Produkt-Reihe noch beliebig lange fortsetzen. Zu seinem Ärger werden zudem Reste an Acrylfarbe­n in Schächten ausgekippt. Ein Ärgernis deshalb, weil die Farben mikroplast­ische Eigenschaf­ten haben und damit die Klärbetrie­be beeinträch­tigen. Gravierend ist es für den Stadtbauam­ts-Abteilungs­leiter, dass Essensrest­e sorglos in den Toiletten entsorgt werden. „Das bietet natürlich Futter für die Ratten.“Und die seien in der Tat ein Thema für Villingen-Schwenning­en, ergänzt FranzJosef Holzmüller, Leiter des Stadtbauam­ts VS. 50 000 Euro werden jährlich für die Bekämpfung der Nagetiere ausgegeben. Durch Kanalsanie­rung und neue Leitungen versuche man, das Problem zu minimieren. An den neuen glatten Einfassung­en bleiben die Reste nicht mehr hängen.

Die Kläranlage­n-Leiter können auch positive Entwicklun­gen aufzeigen. Der Wasserverb­rauch sei gesunken, dank eines gestiegene­n Umweltbewu­sstseins bei den Privaten, einer verstärkte­n Nutzung des Regenwasse­rs und optimierte­r Wasserablä­ufe bei der Industrie.

Insgesamt werden allein in der Villinger Anlage im Durchschni­tt sechs Millionen Kubikmeter Wasser behandelt, für den Schwenning­er Bereich mehr als fünf Millionen Kubikmeter, die sich auf Schmutzwas­ser, Regenwasse­r und Fremdwasse­r aufteilen.

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ARCHIV-FOTO: HOLLEMANN In vielen Städten landet so manches in der Toilette und anschließe­nd in der Kläranlage, was dort nicht hingehört und eine ganze Menge Probleme bereitet.

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