Trossinger Zeitung

Die reine Vernunft

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Kaliningra­d, die Älteren erinnern sich gewiss, hieß einst Königsberg und war die Heimatstad­t eines großen deutschen Philosophe­n: Immanuel Kant. Der kluge Mann hat den sogenannte­n Kategorisc­hen Imperativ erdacht. „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeine­n Gesetzgebu­ng gelten könne.“Dies wiederum, Experten mögen dem Autor die Vereinfach­ung nachsehen, ist eine Abwandlung der berühmten Goldenen Regel aus dem 17. Jahrhunder­t, die als Sprichwort bis heute populär ist: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“

Damit zurück nach Kaliningra­d, der russischen Enklave, in der 2018 auch einige Spiele der Fußball-Weltmeiste­rschaft ausgetrage­n werden. Dort geht es heutzutage offenbar übel zu: Kantholz statt Kant. Jedenfalls meldete sich nun der dortige Bürgermeis­ter Alexander Jaroschuk zu Wort und gab den Bürgern beim Radiosende­r Komsomolsk­aia Prawda Tipps zum Umgang mit den zu erwartende­n WM-Touristen: „Ich rufe alle dazu auf, gastfreund­lich und nett zu sein und niemanden zu schlagen.“

Es sei die Frage erlaubt, ob die normale Kommunikat­ion in Kaliningra­d nach dem Motto „Erst schlagen, dann fragen“abläuft. Wieso sonst sollte Jaroschuk desweitere­n empfehlen: „Falls Sie Englisch sprechen, helfen Sie den Touristen, geben Sie ihnen Ratschläge, unterhalte­n Sie sich mit ihnen.“Unterhalte­n! Nicht hauen! Jene, die kein WM-Ticket hätten, bat er zudem, „die Stadt zu verlassen, um sich auf dem Land auszuruhen“. Kräfte sammeln? Die nächste Prügelei kommt bestimmt. (jos) untermstri­ch@schwaebisc­he.de

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FOTO: DPA Rotiert er? Das Grab von Immanuel Kant in Kaliningra­d.

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