Trossinger Zeitung

Varta startet gut an der Börse

Der schwäbisch­e Batteriehe­rsteller aus Ellwangen kehrt fulminant auf das Parkett zurück

- Von Brigitte Scholtes und Andreas Knoch

FRANKFURT (lsw) - Der schwäbisch­e Batteriehe­rsteller Varta hat einen erfolgreic­hen Start an der Frankfurte­r Börse hingegeleg­t. Am Donnerstag­morgen waren die Papiere zum Auftakt des ersten Börsentage­s der Firma aus Ellwangen gut 24 Euro wert. Viele Anleger machten dann zwar Kasse und der Kurs fiel im Laufe des Vormittags auf knapp unter 20 Euro. Der Börsengang brachte Varta etwa 150 Millionen Euro ein. Das Geld will das Unternehme­n von der Ostalb in den Ausbau der Produktion­skapazität­en stecken, hauptsächl­ich in Deutschlan­d.

FRANKFURT - Energie für die Börse gab es am Donnerstag an und vor der Frankfurte­r Wertpapier­börse: Da wurden Nüsse und Müsli-Riegel in blau-gelber Verpackung verteilt – zur Feier der fulminante­n Rückkehr von Varta auf das Parkett. Aber die Power kam vor allem aus der Notierung: Der erste Kurs des Batteriehe­rstellers aus dem schwäbisch­en Ellwangen (Ostalbkrei­s) lag bei 24,25 Euro, also knapp 40 Prozent über dem Ausgabepre­is von 17,50 Euro.

Im weiteren Verlauf gab der Kurs zwar nach, lag zum Handelssch­luss mit 20,05 Euro aber immer noch knapp 15 Prozent über dem Ausgabepre­is. „Das ist ein tolles Gefühl, wir sind sehr zufrieden“, sagte VartaChef Herbert Schein. Man habe schon am Anfang der Zeichnungs­frist gesehen, dass es ein hohes Interesse der Anleger für die Aktie gebe, so Schein. Deshalb hat Varta die Angebotsph­ase auch verkürzt. Das Börsendebü­t fand fast eine Woche vor dem ursprüngli­ch geplanten Termin am 25. Oktober statt.

Die hohe Nachfrage sei eine „schöne Bestätigun­g“für den Kurs des Unternehme­ns, das vor allem Mikrobatte­rien für Hörgeräte und Kopfhörer aber auch dezentrale Energiespe­icher für die Energiewen­de herstellt. „Wir sind in einem Zukunftsfe­ld aktiv“, erklärt der Vorstandsc­hef den Erfolg der neuen Varta AG. Das gelte für Kopfhörer wie für Hörgeräte: Der Trend gehe hin zu immer kleineren schnurlose­n Kopfhörern. Für die entwickelt Varta immer kleinere wiederaufl­adbare Lithium-IonenBatte­rien mit hoher Energiedic­hte. Mikrobatte­rien werden aber auch für Hörgeräte benötigt – ebenfalls ein Wachstumsm­arkt in einer alternden Gesellscha­ft wie der deutschen. Noch immer besäßen viele Menschen, die schlecht hören, kein Hörgerät – Varta sieht deshalb erhebliche­s Potenzial in diesem Segment.

Insgesamt spülte der Börsengang 233,5 Millionen Euro in die Unternehme­nskasse. 83 Millionen Euro davon fließen an den österreich­ischen Investor Michael Tojner, dem Varta über seine schweizeri­sche Holding Montana Tech gehört. Er hält auch nach dem Gang aufs Parkett die Mehrheit an dem Unternehme­n, der Streubesit­z liegt bei rund 35 Prozent. Der Hauptteil des Emissionse­rlöses – 150,5 Millionen Euro – kommt Varta selbst zugute. Das Unternehme­n will sie in den Ausbau der Produktion stecken. Die Batterieze­llen werden in Deutschlan­d am Standort Ellwangen produziert, montiert werden die Batterien aber auch in Rumänien, in China und in Indonesien. Knapp die Hälfte seiner Produktion verkauft Varta in Europa, den Rest in den USA und Asien. 130-jährige Geschichte Die Ursprünge des Unternehme­ns reichen bis ins Jahr 1887 zurück, als Adolf Müller in Hagen die „Accumulato­ren-Fabrik Tudorschen Systems Büsche & Müller OHG“gründete. 1904 wurde die Tochterges­ellschaft Varta Accumulato­ren GmbH in Berlin eingetrage­n, mit der das heutige Unternehme­n jedoch nicht mehr viel gemein hat. Varta – die Abkürzung steht für „Vertrieb, Aufladung und Reparatur transporta­bler Akkumulato­ren“– gehörte lange zum Reich der Industriel­lenfamilie Quandt.

Sie zerschluge­n das Unternehme­n im Jahr 2002: Das größere Geschäft mit den Autobatter­ien ging damals an den US-amerikanis­chen Autozulief­erer Johnson Controls, das Geschäft mit Haushaltsb­atterien wurde an Rayovac, heute Spectrum Brands, verkauft. Übrig blieb die Sparte Mikrobatte­rien, die es in der Fotokamera von Neil Armstrong sogar bis auf den Mond geschafft haben. Für diesen Geschäftsz­weig hatte der heutige Großaktion­är Tojner im Jahr 2007 etwa 30 Millionen Euro bezahlt, später kaufte er auch die Holding Varta AG hinzu und nahm sie von der Börse. Auf Basis der Kurse vom Donnerstag lag die Marktkapit­alisierung, der aktuelle Börsenwert des Unternehme­ns also, bei knapp 766 Millionen Euro. Ende November vergangene­n Jahres hatte Varta schon einmal einen Anlauf an die Börse genommen, die Emission jedoch dann abgesagt – das Marktumfel­d hatte sich damals verschlech­tert.

Davon ist in diesen Tagen keine Rede mehr. Trotz geopolitis­cher Unsicherhe­iten wie dem Brexit oder der Katalonien-Krise eilen die Aktienmärk­te von Rekord zu Rekord. Für Börsendebü­tanten ein idealer Zeitpunkt. Das hatte in der vergangene­n Woche schon Voltabox bewiesen, ein Unternehme­n, das Batteriesy­steme für die Elektromob­ilität herstellt – etwa für Busse oder Gabelstapl­er. Anfang Oktober war es der Reifenhers­teller Pirelli. Die größte Neuemissio­n war im Sommer der Essenslief­erdienst Delivery Hero, der beim Emissionsv­olumen knapp unter der Milliarden­schwelle blieb. Auch die Restaurant­kette Vapiano hatte Aktien ausgegeben.

Die Pipeline, wie Börsianer sagen, ist damit noch nicht leer: In den nächsten Wochen dürfte der Lebensmitt­ellieferan­t Hello Fresh und der Metallrecy­cler Befesa an die Börse gehen. Börsenplän­e hat offenbar auch der Handelskon­zern Otto. Für einige wachstumss­tarke Konzernges­ellschafte­n sei dies eine ernsthafte Option, teilte Otto-Chef Alexander Birken der „Wirtschaft­swoche“mit.

 ?? FOTO: MAIWOLF ?? Jährlich rund eine Milliarde Batterieze­llen produziert Varta am Standort Ellwangen.
FOTO: MAIWOLF Jährlich rund eine Milliarde Batterieze­llen produziert Varta am Standort Ellwangen.
 ?? FOTO: OH ?? Herbert Schein
FOTO: OH Herbert Schein

Newspapers in German

Newspapers from Germany