Trossinger Zeitung

Jenseits von Ede

Die legendäre Fahndungss­endung „Aktenzeich­en XY“wird 50 Jahre alt und kann eine stolze Bilanz vorweisen

- Von Martin Weber

MAINZ - Der erste Täter wurde keine 15 Minuten nach der Premiere der neuen Sendung am 20. Oktober 1967 gefasst: Der Hinweis eines Zuschauers führte die Polizei auf die Spur eines Betrügers, der beim gemütliche­n Kegeln in Bad Neuenahr festgenomm­en werden konnte. Es war der erste Erfolg für die Fahndungss­endung „Aktenzeich­en XY … ungelöst“, die im Oktober 1967 zum ersten Mal über die bundesdeut­schen Bildschirm­e flimmerte.

Es sollte nicht der einzige bleiben: Von den 4586 Fällen, die der legendäre Moderator Eduard Zimmermann und seine Nachfolger im Lauf von 50 Jahren in der ZDF-Sendung vorstellte­n, konnten 1853 aufgeklärt werden, was einer beachtlich­en Quote von gut 40 Prozent entspricht. Kein Wunder, dass Bundesinne­nminister Thomas de Maizière „Aktenzeich­en XY“zum 50-jährigen Bestehen voller Hochachtun­g als „überaus erfolgreic­hes Fahndungsi­nstrument für die deutschen Strafverfo­lgungsbehö­rden“bezeichnet.

Der Erfolg der Verbrecher­jagd im Fernsehen, die seit 15 Jahren von Rudi Cerne moderiert wird und immer noch regelmäßig um die fünf Millionen Zuschauer anlockt, ist untrennbar mit dem Namen Eduard Zimmermann verbunden: Der bis 1997 amtierende und 2009 verstorben­e Moderator mit der markanten Brille machte aus dem auf realen Fällen basierende­n Krimiforma­t eine Kultsendun­g, die aus dem Fernsehen nicht mehr wegzudenke­n ist und lange Zeit nicht nur mit deutschen, sondern auch eng mit Fahndern in der Schweiz und Österreich zusammenar­beite. So erinnern sich viele Zuschauer noch gerne an die beliebten Liveschalt­ungen zu Konrad Toenz in Zürich oder Peter Nidetzky in Wien. Der erste Mörder Schon kurz nach Ende der sechsten Sendung im Juni 1968 konnte nach Zuschauerh­inweisen ein Mörder dingfest gemacht werden. Es war der erste von vielen, und manchmal half „Aktenzeich­en XY“auch bei der Lösung spektakulä­rer Fälle, die ganz Deutschlan­d in Atem gehalten hatten. So wurde etwa 2011 nach dem Hinweis eines Mitwissers der Mörder von Lolita Brieger gefasst, die 29 Jahre zuvor spurlos verschwund­en war. „Gerade bei Altfällen, den sogenannte­n ‚cold cases‘, bringt ‚XY‘ oft nach Jahrzehnte­n den Durchbruch“, sagt Moderator Cerne stolz.

In den vergangene­n fünf Jahrzehnte­n war „Aktenzeich­en XY“so manchem Kritiker aus Politik und Medien aber auch ein Dorn im Auge. Moniert wurde, dass es rechtsstaa­tlich bedenklich sei, wenn sich das Fernsehen der Strafverfo­lgung annehme und damit ein ganzes Volk zu Hilfspoliz­isten mache, noch in den späten 80er-Jahren war gar von „Menschenja­gd in öffentlich-rechtliche­n Medien“die Rede. Zudem wurde immer mal wieder beanstande­t, dass das ZDF mit der Sendung reale Verbrechen zu Unterhaltu­ngszwecken instrument­alisiere. „Dazu kann ich nur sagen, dass mit unserer Hilfe schon viele Morde und andere Verbrechen aufgeklärt worden sind. Wir wollen die Öffentlich­keit zur Mithilfe mobilisier­en, und das geht nun mal nur, wenn wir die Emotionen der Zuschauer wecken“, erklärt Cerne.

An der Mischung aus Fahndungsa­ufrufen und Filmbeiträ­gen, in denen Schauspiel­er reale Verbrechen nachstelle­n, hat sich in 50 Jahren nichts Grundsätzl­iches geändert. Während heutzutage häufig Schauspiel­er aus ZDF-Krimiserie­n zum Einsatz kommen, wurden die Rollen früher fast durchweg mit völlig unbekannte­n Namen besetzt. Doch nicht alle blieben ein unbeschrie­benes Blatt: In „Aktenzeich­en XY“verdienten sich einst Schauspiel­er wie Robert Atzorn, Marion Kracht oder Jürgen Busse ein Zubrot als Mörder, Einbrecher oder Betrugsopf­er. Am 25. Oktober läuft um 20.15 Uhr die Jubiläumsa­usgabe von „Aktenzeich­en XY“. Im Anschluss zeigt das ZDF eine Dokumentat­ion zum 50. Geburtstag der Sendung.

 ?? FOTO: RENATE SCHÄFER/ZDF/DPA ?? „Wir schalten in die Schweiz“: Moderator Eduard Zimmermann im Studio der ZDF-Sendung „Aktenzeich­en XY ungelöst“.
FOTO: RENATE SCHÄFER/ZDF/DPA „Wir schalten in die Schweiz“: Moderator Eduard Zimmermann im Studio der ZDF-Sendung „Aktenzeich­en XY ungelöst“.
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FOTO: MATTHIAS BALK/DPA Moderator Rudi Cerne im Januar 2016 im Studio der Sendung „Aktenzeich­en XY ... ungelöst“in Geiselgast­eig bei München.

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