„Wir sind umgeben von Wahnsinnigen“
Der Kabarettist Florian Schroeder nimmt die aktuelle weltpolitische Lage aufs Korn
TUTTLINGEN-MÖHRINGEN - Hochwertiges Politikkabarett verbunden mit entspannenden Comedy-Effekten und visuellen Einspielungen: Der Kabarettist Florian Schroeder hat mit seinem Bühnenprogramm den „Ausnahmezustand“heraufbeschworen. Er komme immer gerne nach Möhringen, gestand er dem Publikum in der vollbesetzten Angerhalle am Freitagabend und stieg gleich voll mit dem Kampf „Gut gegen Böse“in sein dreistündiges Programm ein.
Ganz aktuell mit den Sondierungen über eine Jamaika-Koalition auf Bundesebene: Drei konservative Parteien seien beteiligt – und die CDU. Es gab reihenweise Seitenhiebe auf die Parteien („die FDP ist die AFD des reichen Mannes“) und ihre Vertreter. Schroeder erinnerte an das Kanzlerduell, das Merkel so schön moderiert habe. Schulz habe dabei gar nicht gestört. Von Trump bis Erdogan Schroeder lästerte – natürlich – über Trump und meinte: „Wer online ein Arsch ist, der ist auch offline einer.“Und zu Erdogan: „Er ist einer der großen Gefahren. Wir sind umgeben von Wahnsinnigen.“Ein wichtiges Thema war ihm auch die Herrschaft der Algorithmen, die „Smarte Demokratie“habe Zukunft. Überwachung sei für viele kein Thema, wenn es der Sicherheit diene. „Ich habe doch nichts zu verbergen“, sage so mancher. Um den Ausnahmezustand auszurufen, mussten früher Notstandsgesetze beschlossen werden. Heute gebe man vor, die Sicherheit erhöhen zu wollen, um Schritt für Schritt der Freiheit zu berauben.
Um seine Zuhörer mit seinen bedenklich stimmenden Zukunftsszenarien nicht zu sehr zu verunsichern, lockerte er seine Ausführungen mit Comedy-Effekten auf. So erzählte er seinem Publikum, er wisse, warum die Bahn immer verspätet ist. Es seien die Seniorengruppen, die Krampfadergeschwader, die die Bahnsteige verstopften. „Das Land lässt dich verdummen“, war sein Fazit über das Verhältnis von Frauen und Männern auf dem Land. Er ärgerte sich darüber, dass seiner Meinung nach nur Frauen unkorrekt sein dürfen, und er lästerte über junge Mütter, sie seien die absolute Pest.
Eine Kochshow, frei nach Johann Lafer, Anmerkungen über englischsprechende Schwaben und stinkende Amerikaner und über Luigi, der keine Spaghetti für Nazis kochen wollte, rundeten das Programm ab. In der Pause durften Zuschauer auf Zetteln ihre Fragen formulieren, auf die er seine Antworten gab. Des Weiteren gab er einen literaturwissenschaftlichen Diskurs über Helene Fischer, den „Alpha-Softie“Matthias Schweighöfer oder Andreas Gabalier. In Form einer brillanten MarkusLanz-Persiflage machte er sich über bekannte Persönlichkeiten lustig. Ein kabarettistisches Fazit Schroeders Fazit: Der Ausnahmezustand sei ein billiger Versuch, lähmende Angst zu erzeugen. Er stellte außerdem die Frage: Wenn wir die Guten sind, wer sind dann die Bösen? Die Welt sei so unübersichtlich geworden. Zum Abschluss plädierte er für eine Welt jenseits der politischen Korrektheit: „Ich freu mich darauf!“