„Die Duelle aus den Filmen gab es so gar nicht“
Wolf G. Winning hat nach Western-Heftromanen jetzt einen Thriller geschrieben
SPAICHINGEN - Wolfgang Winning, 77, war Luke Sinclair und ist es immer noch, denn seine Western-Taschenromane werden derzeit wieder als E-Books aufgelegt. Aber eigentlich ist er als Autor jetzt nur noch Wolf G. Winning, der in Schwenningen lebt, seit 24 Jahre Mitglied beim Spaichinger Westenclub ist und am 8. November um 20 Uhr in der Buchhandlung Grimms Lesen und Genießen aus seinem neuesten Buch „Stille Nacht, eisige Nacht“lesen wird. Regina Braungart hat sich mit ihm unterhalten. Herrn Winning, ich bin noch nie auf die Idee gekommen, BasteiWestern-Heftromane zu schreiben. Wie kommt man zu so etwas? Es ist ja auch gut, dass nicht jeder auf die Idee kommt (lacht). Ich habe mich schon von Kindheit an für Amerika und Indianergeschichten interessiert und in der Schule habe ich Geschichten geschrieben. Ich bin in Halle an der Saale geboren und kurz vor dem Mauerbau 1961 mit meiner Mutter in den Westen gegangen. Da war ich 21. Und ich habe mich in Schwenningen niedergelassen. Warum in Schwenningen? Ich war von Beruf Uhrmacher und hatte da gute Berufschancen. Dort wurde dann der Drang stärker Geschichten zu schreiben. Dann habe ich angefangen den ersten Roman für den Zauberkreisverlag in Rastatt zu schreiben und gemerkt: So einfach ist das nicht mit dem Schreiben, man muss es lernen. Gerade bei Heftromanen ist das speziell. Dann habe ich ein zweijähriges Fernstudium gemacht und gelernt wie man zum Beispiel Spannung erzeugt, Charaktere aufbaut und vieles mehr. Und dann habe ich für den Kelterverlag in Hamburg und den Basteiverlag geschrieben. Kann man davon leben? Nein, das habe ich in meiner Freizeit gemacht. Leben kann man davon nicht, außer, man liefert jede Woche drei Romane ab. Aber das liegt mir nicht. Ich habe immer mit dem Herzen geschrieben. Warum sind Sie dann nach anderen Romanen - beim Western geblieben? Es waren nicht nur Western. Ich habe Heftromane bis 1998 geschrieben, da hat mir der Verlag mitgeteilt, dass er die Reihen einstellt. Die jungen Leser waren weggefallen, die Unterhaltungselektronik hat die Romane ersetzt. Ich überlegte mir, ob ich aufhören soll mit schreiben. Und? Das habe ich ein paar Jahre so gemacht, hatte aber für mindestens zehn Jahre einen Roman im Kopf von zwei Brüdern, von denen einer bei einem Indianerüberfall geraubt und bei Indianern aufgezogen wurde, während der andere als Waisenkind in der so genannten Zivilisation bei Verwandten aufwuchs und später Offizier wurde. Er wusste von seinem Bruder, aber es gelang ihm nicht, ihn zurück zu holen. Der starb lieber als indianischer Krieger. Das wurde dann das Buch „Roter Bruder Abel“. Außerdem habe ich einen Roman geschrieben, der in Thailand spielt. Da kommt meine Frau her, mit der ich seit 43 Jahren verheiratet bin. Und jetzt eben ein Thriller. Haben Sie es eigentlich wie Karl May gemacht, der ja nie an den Schauplätzen war. Karl May habe ich in meiner Kindheit und Jugend gelesen, aber das sind ganz andere Geschichten, die keinen historischen Hintergrund haben. Ich habe mich immer bemüht, möglichst nah an der Realität zu bleiben. Zum Beispiel die Duelle in den Western, bei denen einer um Sekundenbruchteile schneller ziehen muss, und dem anderen die Waffe aus der Hand schießt, die gab es so gar nicht. Und woher hatten Sie Ihr Wissen? Alles aus Sachbüchern und dem Magazin für Amerikanistik. Das ist eine wissenschaftliche Zeitschrift, die ich seit langem abonniert habe. Die amerikanische Besiedlung durch Europäer war eigentlich nichts anderes als brutaler Siedlungskolonialismus. Woher kommt die Faszination und der Mythos für diese Geschichte? Es ist der Wunsch nach Freiheit und Abenteuer, denke ich, die Faszination der Weite des Landes der grenzenlosen Freiheit. Und die Brutalität denkt man sich weg? Man sagt immer der Wilde Westen, aber es sind immer noch mehr Menschen an Alterschwäche und Krankheiten gestorben, als durch Gewalt, von Kriegen abgesehen. Die modernen Zeiten mit ihren Kriegen sind da sicher nicht besser. Wissen Sie, wer Ihre Hefte gelesen hat? Nein. Ich glaube aber es waren vor allem Jugendliche und wohl mehr Männer als Frauen, obwohl Frauen ja mehr lesen sollen. Warum aber haben Sie das Genre zum Thriller hin - gewechselt? Ich wollte mich nicht in eine Schublade pressen lassen und da habe ich Stille Nacht, eisige Nacht geschrieben. Der Protagonist ist ein verheirateter Architekt der mit seiner außerehelichen Affäre ein Vorweihnachten in der Jagdhütte eines Freundes feiern will, in Maine. Gleichzeitig kommt eine Clique junger Männer auf die Idee, nicht ganz legal dort alternative Weihnachten zu feiern. Beide treffen aufeinander, die Situation eskaliert, bis jemand stirbt – und Weihnachten rückt näher. Waren Sie schon mal in den USA? Nein, aber heutzutage kann man in Google Earth ja fast jeden Flecken der Erde genau anschauen. Den Wald, die Lichtung, den See, den ich beschreibe – das gibt es alles wirklich. Nur die Hütte ist erfunden. Warum haben Sie eigentlich Ihr hübsches Pseudonym abgelegt? Luke Sinclair war für die Heftromane und so sollte es auch bleiben.